Sigiriya, 14.8.2014
Bei Sonnenschein steht heute ein Ausflug nach Anuradhapura und Umgebung an. Dazu fahren wir etwa 60 Kilometer durch ausgedörrte Landschaften nach Norden. Wir kommen an einigen Wasserreservoirs vorbei, die aber schon dem Austrocknen nahe sind.

Anuradhapura ist bereits seit weit über 2000 Jahren besiedelt, seit dem dritten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung war die Stadt ein wichtiges buddhistisches Zentrum. Ferner befand sich hier über 1300 Jahre lang die Hauptstadt der Insel, bis sie um die erste Jahrtausendwende erobert und verlassen wurde. Dieser langen und bewegten Geschichte (und zahlreichen fleißigen Archäologen) ist es zu verdanken, dass Anuradhapura heute wieder ein bedeutender Ort für den Tourismus ist. Unzählige Sehenswürdigkeiten harren hier der Besichtigung.
Wir beginnen mit dem größten Stupa Sri Lankas, der Jetavana Dagoba, einem (inklusive Plattform) 122 Meter hohen Ziegelbau mit vier Altaraufbauten an seinem Fuß. In einem derselben befindet sich eine liegende Buddhastatue. In der Nähe des gigantischen Bauwerks befinden sich zwei große Wasserbecken (Kuttam Pokuna), ein Überbleibsel der ausgeklügelten Wasserversorgung der alten Hauptstadt.
Bald schon gelangt man in ein weiträumiges Ausgrabungsgebiet. Die Überreste alter Klöster, Tempel und Wohngebäude werden hier unter der Schirmherrschaft der UNESCO aus dem Dunkel der Geschichte wieder ans Licht geholt. Die ausgegrabenen Fundamente und Säulenstümpfe lassen erahnen, was für eine große und prachtvolle Stadt hier einmal gestanden haben muss. Einige schöne Dinge sind bis heute in gutem Zustand erhalten. Ein solches Kleinod ist unser nächstes Ziel: Die Samadhi-Statue, die Buddha in Meditationshaltung darstellt. Die etwa 2,5 Meter hohe Granitplastik aus dem 4. Jahrhundert beeindruckt durch ihre harmonischen Proportionen und gilt als die schönste Buddhaskulptur Sri Lankas.
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Oben: Jetavana Dagoba. Unten links: Die Kuttam Pokuna. Unten mitte: Ausgrabungsstätten. Unten rechts: Die Samadhi-Statue.
Inzwischen steht die Sonne hoch am Himmel. Dadurch wird die Besichtigung der buddhistischen Weihestätten herausfordernder, nicht nur wegen der heißen Luft. Man darf sich den Heiligtümern nur barfuß nähern und die Steinplatten oder der Sand unter unseren Füßen sind inzwischen sehr heiß. Aber um bedeutende Dinge zu sehen, müssen gewisse Härten durchgestanden werden. Nächstes Ziel ist die Abhayagiri Dagoba, ein etwa 2100 Jahre alter, restaurierter Stupa, der fast ebenso hoch ist wie der Jetavana. Nachdem unser Weg weiter durch unzählige Ausgrabungsstätten geführt hat, sehe ich einen weiteren Stupa. Während die bisherigen eine Halbkugelform aufwiesen, sieht dieser wie eine Glocke aus. Es handelt sich um den Thuparamaya, der ein Schlüsselbein Buddhas beherbergen soll. Der heutige Bau stammt aus dem Jahr 1862, sein ältester Urahn soll allerdings der älteste Stupa Sri Lankas überhaupt sein und somit aus dem dritten vorchristlichen Jahrhundert stammen. Der Stupa ist von dünnen Säulen umgeben, die einst als Stützpfeiler für ein Holzgebäude dienten, das zum Schutz des Heiligtums errichtet worden war.
Nächste Station der Besichtigungstour ist der 103 Meter hohe Ruwanvelisaya-Stupa, an dem gerade eine Zeremonie stattfindet. Der Stupa diente als Modell für einen anderen, den ich in Myanmar schon besucht habe: Den Kaunghmudaw in Sagaing. Wir erreichen schließlich das größte Heiligtum des Ortes. Bekanntlich wurde Buddha die Erleuchtung unter einem Bodhi-Baum (Ficus religiosa) zuteil. Der Sri Maha Bodhi soll ein Ableger genau dieses Baumes sein, der im dritten Jahrhundert vor Christus hier eingepflanzt wurde. Der Baum ist von einem vergoldeten Eisenzaun umgeben. Viele Pilger kommen hierher, um ihre Andacht zu halten. Dieses Heiligtum hat in Sri Lanka einen gleich hohen Stellenwert wie die Zahnreliquie in Kandy.
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Oben links: Freigelegte Fundamente alter Tempel. Oben mitte und rechts: Mahasena-Klosterkomplex. Der Eingang wird durch einen Mondstein (rechtes Bild) gebildet. Er soll den Übergang aus der materiellen Welt in die Sphäre der Erleuchtung symbolisieren. Unten links: Der Thuparamaya-Stupa. Unten mitte: Der Ruwanvelisaya-Stupa. Unten rechts: Der Sri Maha Bodhi.
Nach diesem Höhepunkt steuern wir unsere letzte Station in Anuradhapura an, den kleinen Felsentempel Sri Isurumuniya. Von ihm aus hat man einen schönen Rundblick auf die Landschaft, einen liegenden Buddha kann man ebenfalls sehen, aber dieser ist nicht die Hauptattraktion. Sie befindet sich in einem Seitengebäude, dem Skulpturenmuseum: "Die Liebenden", ein Basrelief, das einen Königssohn mit seiner nicht standesgemäßen Geliebten zeigt. Fotografieren ist hier eigentlich nicht erlaubt, Nimal redet dem Museumswärter allerdings gut zu, worauf dieser ein Auge zudrückt und ich meine Aufnahmen machen kann.
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Oben: Sri Isurumuniya. Links: Eingang. Mitte: "Die Liebenden". Rechts: Königsfamilie. Unten links: Mihintale. Unten mitte: Nuwara Wewa. Unten rechts: Die Buddhastatue in Aukana.
Damit geht mein Besuch in der UNESCO-Weltkulturerbestadt zu Ende. Wir fahren 13 Kilometer weiter nach Mihintale. Auf dem Weg dorthin kommen wir an einem großen See vorbei, dem Nuwara Wewa. Er ist der letzte gut gefüllte Wasserspeicher in dieser dürregeplagten Gegend. Mihintale hat für die Menschen in Sri Lanka eine große religiöse Bedeutung. Ein zum Mönch ordinierter Sohn des indischen Königs Ashoka wurde im dritten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung nach Ceylon entsandt, um die Inselbewohner zu missionieren. Zu diesem Zweck traf er sich mit dem damaligen König und ließ danach an dieser Stelle ein Kloster erbauen. Somit ist dieser Ort der Ausgangspunkt der Verbreitung des Theravada-Buddhismus auf der Insel.
Nach dem Besuch in Mihintale fahren wir wieder nach Süden, in Richtung Sigiriya, zweigen aber nach etwa der halben Strecke von der Hauptstraße ab und fahren nach Aukana. Attraktion des Ortes ist eine 13 Meter hohe, stehende Buddhastatue, die im 5. Jahrhundert aus einem Granitfelsen gehauen wurde. Die Skulptur wirkt vor allem wegen der fein herausgearbeiteten Fältchen im Gewand des Erleuchteten sehr anmutig.
Damit ist das sehr umfangreiche Kulturprogramm des heutigen Tages beendet. Nimal fährt mich zu einem verspäteten Mittagessen (ein mittelmäßiges Buffetmahl plus ein Lion-Bier für etwa 1500 Rupien), dann zurück zu der Oase, in der mein Luxuszelt steht. Ich kenne nun zwei Ecken des "kulturellen Dreiecks", morgen gilt es zuerst den Sigiriya-Felsen zu besteigen und dann die dritte Ecke kennenzulernen.
Der heutige Abend verläuft so ähnlich wie der gestrige. Das Abendbuffet im Hotel ist abwechslungsreich genug, dass man etwas variieren kann (insbesondere das Kichererbsen- und das gemischte Meeresfrüchte-Curry stechen hervor). Das Lion-Bier ist ebenfalls schön kalt. So kann man gut gestärkt den nächsten Tag erwarten.