Sigiriya, 15.8.2014
Unsere heutige Tour startet um 8:00 Uhr. Es ist wichtig, möglichst früh am Morgen unterwegs zu sein, denn bei meiner ersten Station muss ich einen 200 Meter hohen Felsen besteigen. Das kann bei dem hier vorherrschenden Klima sehr schweißtreibend werden.
Wir müssen nur ein paar Kilometer fahren, dann haben wir das Ziel bereits erreicht: Den Sigiriya Rock. Der Felsen beherbergt die Überreste einer Festung aus dem 5. Jahrhundert. Kassapa, ein Sohn des Königs von Anuradhapura, ließ seinen Vater ermorden und riss den Thron an sich. Dieses Verbrechen brachte viele Menschen gegen ihn auf. Insbesondere sein Halbbruder versuchte, von Südindien aus eine starke Streitmacht zu organisieren. Um sich und sein Reich möglichst gut verteidigen zu können, ließ Kassapa die als uneinnehmbar geltende Festung im Sigiriya Rock errichten. 18 Jahre lang ging dieser Plan auf, dann wurde der Usurpator vernichtend geschlagen und brachte sich um. In den folgenden Jahrhunderten war die Festung zeitweise ein Einsiedlerkloster oder ein Militärposten, dann geriet sie in Vergessenheit, bis sie von britischen Archäologen wiederentdeckt wurde.
Die Restaurierungs- und Ausgrabungsarbeiten dauern bis heute an, wie man während des steilen Aufstieges über unzählige Treppen immer wieder beobachten kann. Im unteren Teil kann man einen Wassergraben sehen, in dem zu Kassapas Zeiten Krokodile den ersten Verteidigungsring bildeten. Weiterhin sieht man die Ruinen eines Lustgartens mit Wasserspielen. Hat man die sogenannte "Spiegelgalerie" erreicht (eine glatte Mauer, in die Dichter aus mehreren Jahrhunderten ihre Lobpreisungen der gleich folgenden Attraktion eingeritzt haben), muss man über eine enge Wendeltreppe nach oben steigen und erreicht eine kleine Höhle. In ihr befinden sich die berühmtesten Wandmalereien Sri Lankas, die "Wolkenmädchen". Es handelt sich um Secco-Gemälde aus Pflanzen- und Erdfarben auf Putz, die barbusige Schönheiten darstellen. Die Gemälde sollen aus dem fünften Jahrhundert stammen. Wer sie warum gemalt hat, ob religiöse oder schlicht erotische Motive dahinterstecken und was die Mädchen symbolisieren sollen (vielleicht Apsaras, Tempeltänzerinnen oder lokale Schutzgöttinen) ist bis heute unbekannt. Jedenfalls sind die Gemälde eine der größten Touristenattraktionen Sri Lankas. Letzteres ist unmöglich zu übersehen, denn ich bewältige den Aufstieg zusammen mit einer sehr großen Anzahl an Mitstreitern, die meisten aus China.
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Oben links: Der Sigiriya Rock von unten. Oben mitte und rechts: Steiler Aufstieg. Mitte: Die berühmten Wolkenmädchen. Unten links: Ausgrabungen. Unten mitte: Wie beruhigend! Unten rechts: Jetzt noch das letzte Stück...
Hat man die Wolkenmädchen erreicht, ist erst die Hälfte des Aufstiegs geschafft. Zwar ist es schon jetzt am Morgen sehr heiß, aber zu meinem Glück weht ein fast schon stürmischer Wind, der den Schweiß sehr schnell wieder trocknet. Ich erreiche zunächst eine zweite Plattform, auf der man zahlreiche Ausgrabungsstätten sieht, dann mache ich mich auf den Weg über steile Metalltreppen zum Gipfel. Oben angekommen, fällt wegen des starken Windes das Gehen teilweise schwer, aber es erfüllt sich die Verheißung, die sich schon an so manchen Stellen während des Aufstiegs angedeutet hat: Ich habe einen atemberaubenden Blick auf die Landschaft.
Ich verweile lange auf der Gipfelplattform und kann mich kaum sattsehen, muss aber doch nach einiger Zeit den Abstieg antreten. Das größte Problem beim Überwinden der 200 Meter Höhenunterschied ist der starke Gegenverkehr. So manche Reisegruppe hat wohl beim Frühstück zu viel Zeit verbummelt.
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Ausblick vom Sigiriya Rock. Unten mitte: Reste der Festungsanlage. Unten rechts: Dort unten hat alles begonnen.
Als ich den Parkplatz am Fuße des Felsens erreicht habe, starten wir gleich zur nächsten Station. Ich habe mich erneut auf eine Sondertour eingelassen und werde nun auf einem Ochsenkarren durch Zwiebel- und Gemüsefelder gefahren. Nach der Rütteltour wird auf einem Boot ein kleiner See überquert und ich gelange dann zu Fuß zu einer kleinen Hütte, in der zwei Schwestern aus einer Bauernfamilie ein Mittagessen für mich zubereiten, wobei ich teilweise zusehen kann. Es gibt Reis, Okraschoten, Drumsticks (grüne Meerrettichfrüchte), Kokosnuss-Sambol, einen Fladen aus Mehl und Kokosnuss sowie ein klein wenig geräucherten und gebratenen Fisch. Das alles wird mit den Fingern aus einer mit einem Bananenblatt ausgelegten Tonschüssel gegessen. Die Gerichte sind einfach, aber gut. Nach dem Essen endet die Demonstration dörflichen Lebens mit einer Tuk-Tuk-Fahrt zurück zum Ausgangspunkt. Für die Tour und das Essen muss ich 4000 Rupien bezahlen, ein ziemlich stolzer Preis, wie ich finde.
Immerhin ist der Magen gefüllt und somit bin ich für weitere Besichtigungen gestärkt. Auf der Fahrt fragt mich Nimal, ob ich 500 Rupien übrig hätte, dann würde er mir ein Wunder zeigen. Ich kann mir schon denken, was jetzt kommt, und gebe ihm das Geld. Meine Vermutung trifft ein. Er kommt mit zwei 0,5-Liter-Dosen eiskaltem Lion-Bier zurück. Eine davon trinke ich leer, die andere spare ich mir für den Abend auf.
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Tour ins dörfliche Leben. Oben links: Beginn der Ochsen(karren)tour. Unten: Vorbereitung der Essenszubereitung.

Wir fahren knapp 50 Kilometer nach Polonnaruwa. Die Stadt löste im 11. Jahrhundert Anuradhapura als Hauptstadt ab, bevor im 14. Jahrhundert Kandy an die Reihe kam. Die Ähnlichkeit Polonnaruwas zu ihrer Vorgängerin ist klar erkennbar, ein Unterschied ist allerdings deutlich: Zwischen den Buddhastatuen erkennt man immer wieder hinduistische Elemente, wie zum Beispiel einen Shiva-Lingam oder andere Symbole. Ich besichtige zunächst die Ruinen des Königspalastes, der Ratshalle und des königlichen Bades, dann einen Shiva-Tempel und schließlich die Terrasse der Zahnreliquie. Hier sehe ich die Thuparamaya, eine Halle, in der mehrere Buddhastatuen zu sehen sind, sowie den Vatadage, die Ruine des großen, runden Reliquienhauses. Wie in Anuradhapura, betritt man die Reste des Gebäudes über halbrunde "Mondsteine" mit Tierdarstellungen. Neben Elefanten sollten auf diesen Steinen eigentlich Bullen abgebildet sein, stattdessen sind jedoch Pferde dargestellt, um Shiva-Gläubige nicht vor den Kopf zu stoßen. Der Bulle Nandi ist Shivas Tragtier. Neben dem Reliquienhaus kann man eine sehr gut erhaltene Bodhisattva-Skulptur bewundern. Ebenfalls sehr interessant ist ein acht Meter langer Granitblock, ein "Buch" aus Stein mit über 4000 Schriftzeichen.
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Oben links und mitte: Ruinen des Königspalastes. Oben rechts: Mondstein. Mitte links und mitte: Shiva-Tempel. Mitte rechts und unten links: Thuparamaya. Unten mitte und rechts: Terrasse der Zahnreliquie.
Nach diesen Besichtigungen legen Nimal und ich eine kurze Pause ein. Anschließend machen wir uns zum Höhepunkt von Polonnaruwa auf, dem Gal Vihariya. Auf dem Weg dorthin kann ich Ruinen buddhistischer Klöster und hinduistischer Tempel sowie eine restaurierte, 55 Meter hohe, weiße Dagoba besichtigen. Dann endlich erreichen wir die vier berühmten aus einem langen Granitfelsen herausgeschlagenen Buddhafiguren. Drei Skulpturen, eine sitzende, eine stehende mit verschränkten Armen und eine liegende, sind auf den ersten Blick zu sehen, eine vierte, sitzende, befindet sich in einer kleinen, künstlichen Höhle innerhalb des Felsens.
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Links: Das steinerne Buch. Mitte und rechts: Die Granit-Buddhastatuen.
Die Besichtigung dieser Meisterwerke bildet den würdigen Abschluss meines Besuches. Es wird Zeit, aufzubrechen und zu meinem Resort zu fahren. Auf dem Weg dorthin kann ich Nimal ausreden, mich zu einer Ayurveda-Massage zu fahren. Diese Veranstaltungen meide ich, wo ich nur kann. Somit geht es ohne Umwege zurück zu meinem Luxuszelt.
Nach einer lange Pause wecken das Moschuskürbis- und das Devilled Fish Curry beim Abendessen mein besonderes Interesse. Danach lasse ich den ereignisreichen Tag entspannt ausklingen. Die kulturellen Sehenswürdigkeiten, die ich für diese Reise vorgesehen hatte, habe ich nun alle besucht und keine davon hat meine Erwartungen enttäuscht. Morgen steht eine Elefantensafari an, bevor ich zur Ostküste in ein Strandresort aufbrechen werde.