Mandalay, 17.11.2003
Heute dürfen wir mal wieder zu einer weniger anstrengenden Zeit aufstehen. Unsere Tour beginnt um 8.00 Uhr. Zuerst fahren wir zur Mahamuni Paya, die im Jahr 1784 erbaut wurde. Der zentrale Schrein wurde 100 Jahre später durch Feuer zerstört und erst viel später wieder aufgebaut. In diesem Schrein befindet sich ein etwa 4 Meter hoher Buddha aus Bronze, dessen Gesicht jeden Morgen um 4 Uhr rituell gewaschen wird und deshalb ganz blank ist. Der übrige Körper ist dick mit Blattgold beklebt. Auch im Augenblick sind wieder viele Männer dabei, Blattgold aufzukleben (Frauen dürfen nicht in den innersten Bereich). Die Figur wurde aus dem Rakhine-Staat im Westen Burmas hierhergebracht und soll schon sehr alt sein. In einem der Tempelgebäude hängen Ölgemälde, die die Geschichte der Statue zeigen. Besonders passend ist natürlich wieder der Anfang. Buddha selbst habe das Bildnis gestiftet (wenn an dem, was im Pali-Kanon aufgezeichnet ist, auch nur irgendetwas wahres dran ist, kann man ermessen, wie widersinnig das dem tatsächlichen Buddha erschienen sein würde), sich dafür vermessen lassen und nach Fertigstellung sozusagen die Werksabnahme durchgeführt.
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Mahamuni Paya.
In einem anderen Tempelgebäude kann man mehrere Bronzefiguren besichtigen, die die Rakhine wohl in Angkor geklaut haben. Die Löwen- und die Elefantenfigur zu berühren bringt einfach Glück, die beiden menschlichen Figuren (die Shiva darstellen sollen) sind gut für die Gesundheit. Wenn einem irgendetwas weh tut, muß man einfach die entsprechende Stelle an der Figur reiben, dann wird's besser. Die meisten Leute, das sieht man den Figuren an, haben Bauchweh, Knie- oder Fußbeschwerden. Zu dumm, daß die Figuren teilweise beschädigt sind. Wer zum Beispiel Beschwerden am linken Unterarm hat, dem kann hier nicht weitergeholfen werden. Auch wenn sich einer das Geld für Viagra sparen will oder Prostatabeschwerden hat, hat er zumindest bei einer der Figuren Pech: An der entsprechenden Stelle klafft ein Loch.
An den Eingängen des Tempels befinden sich, wie üblich, Händler. Bei einem derselben sieht Klaus eine geschnitzte Buddhafigur aus Holz, die genau seinen Vorstellungen entspricht. Er schafft es, den Preis von 45 US$ auf 35 herunterzuhandeln und hat damit ein schönes Souvenir ergattert. Auch ich kaufe mir etwas. Hier werden sehr viele Bronzewaren verkauft und ich erstehe einen Bronzegong mit schönem Klang für 2000 Kyats.

Danach fahren wir nach Amarapura, das von 1783 bis 1823 Hauptstadt war und heute wie ein relativ großes, aber ursprüngliches burmesisches Dorf wirkt. Wir fahren zum Mahagandhayon-Kloster. Wir kommen "zum Glück" noch rechtzeitig am Kloster an, um die Essensausgabe an die Mönche fotografieren zu können, zu welchem Zweck man auch zum Speisesaal selbst gehen darf. Wir machen Mi Mi allerdings sehr schnell klar, daß wir es als sehr unangenehm und unpassend empfinden, uns wie die Masse der anderen Touristen als fotografierendes Spalier neben der Schlange der Mönche aufzustellen und später mit Blitzlicht Mönche bei der Nahrungsaufnahme zu fotografieren. Sehr viele europäische Touristen benehmen sich in dieser Hinsicht leider sehr schlecht, so daß diese Unsitte vermutlich weiterbestehen wird. Nichtsdestotrotz ist es beeindruckend, wieviele Mönche hier leben und studieren. In Myanmar sind sowieso überall, auch in den großen Städten, sehr viele Mönche (in rotbraunen Kutten) und Nonnen (in rosafarbenen Kutten) zu sehen, die jüngsten sind erst sechs oder sieben Jahre alt. Man sieht sie oft, einzeln oder in langen Reihen, durch die Straßen ziehen, um Nahrungsmittel oder Geld zu sammeln. Das weiträumige Kloster ist an sich sehr interessant, wäre nur nicht diese unangemessene Szenerie vor dem Speisesaal.
Nach der Klosterbesichtigung fahren wir weiter zu einer Seidenweberei. Wir können bei der Longyi-Herstellung zusehen. Einen Longyi, den langen schmalen Rock, den hier Männer und Frauen tragen, fertigzustellen, dauert einen Monat. Abgesehen davon, daß es für mehrere Leute ein Knochenjob ist, ruiniert man sich auf die Dauer damit sein Gehör, denn es herrscht ein Höllenlärm in der Halle, in der die Webstühle stehen. Wir sehen einigen Weberinnen zu (es gibt auch Weber, die die Männer-Longyis herstellen). Welche Garne sie in das Weberschiffchen einlegen müssen, können sie aus einem Ablaufplan ersehen, den sie vor ihren Augen aufgehängt haben. Als "Cursor" dient eine kleine Wäscheklammer, die jeweils Zeile für Zeile weitergeschoben wird. Jenseits der Straße gibt es ein Geschäft, in dem die Erzeugnisse an Touristen verkauft werden. Wir halten uns aber nur kurz dort auf.
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Der Pon Nya Shin Tempel. Letztes Bild: Man beachte die Uhren links und rechts des Schreines und den LED-Strahlenkranz um den Kopf des Buddhas.
Wir fahren direkt weiter nach Sagaing. Bei Sagaing gibt es einen Hügel, der über 100 Tempel und Klöster beherbergt. Rechnet man die Nachbarhügel mit hinzu, gibt es hier insgesamt etwa 700 Tempel und Klöster in vielen verschiedenen Formen und Baustilen. Vom Pon Nya Shin-Tempel auf der Hügelspitze, unserer ersten Station, hat man einen unbeschreiblichen Blick auf all diese Bauwerke und auf den Ayeyarwaddy-Fluß. Wir genießen lange diesen wunderschönen Rundblick, dann aber verlassen wir den Tempel wieder und fahren zum Essen. Es gibt scharf-sauren Tintenfisch, gekochte Garnelen mit Gemüse, ein Cashewnußgericht mit weiteren Gemüsesorten und ein Hühnerfleischgericht sowie Myanmar-Bier.
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Blick vom Pon Nya Shin-Tempel auf den Hügel von Sagaing.
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Kaunghmudaw Paya.
Nach dem Essen fahren wir zur Kaunghmudaw Paya. Diese 46 Meter hohe Stupa ist im ceylonesischen Stil erbaut. Wie man sich auch bemüht, einen passenden Vergleich zu finden, man kommt eigentlich nur auf eines: Die Pagode sieht aus wie eine Frauenbrust. Nach der Besichtigung dieses eindrucksvollen Gebäudes fahren wir nach Inwa, das von 1364 bis 1841 mit einigen Unterbrechungen Hauptstadt war. Vom Ufer des Ayeyarwaddy-Flusses aus muß man mit einem altertümlichen Fährboot übersetzen und fährt dann mit einem Pferdekarren über holprige Staubpisten. Unsere erste Station ist das Kloster Bagaya Kyaung, ein über 170 Jahre altes, düsteres, unrenoviertes Teakholzkloster mit vielen Holzschnitzereien. Gerade die schlichte Ursprünglichkeit, die diesem Kloster einen rauhen Charme verleiht, macht diesen Bau besonders interessant und attraktiv. Hier gibt es keine quietschbunten Malereien und Pastellkacheln, hier ist alles rauh und dunkelbraun, es riecht rechtschaffen und ehrlich nach altem Teakholz. Ein lohnenswerter Besuch.
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Bagaya Kyaung.
Unsere nächste Station ist der Nanmyin, ein 27 Meter hoher Turm, der als einziges Bauwerk vom alten Palast übrigblieb. Man kann ihn fast bis ganz nach oben besteigen und hat dann einen wunderschönen Rundblick. Auch der Souvenirhandel blüht hier oben, wie überall in Inwa. Die Verkäufer sind meist Kinder, die sehr penetrant sind, wenn es darum geht, Waren zu verkaufen oder unverlangte Dienstleistungen zu erbringen. Grund hierfür ist offensichtlich die Armut, die hier in der Gegend herrscht. Die nächste und letzte Station ist der Ok Kyaung-Tempel, eine Ruine aus verputzten Backsteinen mit vielen Gängen im Inneren, ein Bauwerk, das sich die Vegetation langsam wieder zurückerobert.
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Links: Blick vom Nanmyin. Mitte und Rechts: Der Ok Kyaung-Tempel.
Als wir auch diese Ruine besichtigt haben, bringt uns der Pferdewagen zurück zur Fähre. Wir setzen über und fahren dann zurück nach Amarapura, um den Sonnenuntergang an der 1,2 km langen U Bein-Teakholzbrücke zu erleben. Wir schlendern über die Brücke und sehen den Touristen- und Fischerbooten auf dem Taungtaman-See zu, während sich viele Mönche, Dorfbewohner und Essensverkäuferinnen an uns vorbeidrängen. Als wir etwa zwei Drittel der Brücke überquert haben, werden wir mit einem unwirklich faszinierenden Sonnenuntergang über dem See belohnt. Im Hintergrund steigen Dunstschwaden über dem Wasser auf, die Silhouetten großer Bäume, die im Wasser stehen und abgestorben sind, kann man sehen, kleine Fischerboote fahren bedächtig über den See, in einem Pavillon auf der Brücke nutzt ein junger Mönch die letzten Sonnenstrahlen, um in einem Buch zu lesen. Dies alles spielt sich vor einem Himmel ab, der von dunkelblau über golden in kupferfarbene und rote Töne übergeht. Ein unglaublicher Anblick. Es ist fast unmöglich, davon nicht ergriffen zu sein.
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U Bein-Brücke. Rechtes Bild: Ein junger Mönch nutzt das letzte Tageslicht, um in einem Buch zu lesen.
Dieser wunderbare Sonnenuntergang schließt unser Tagesprogramm würdig ab. Wir fahren zum Hotel zurück, machen dort eine Pause und fahren dann um 19.30 Uhr zu einem Restaurant. Der mehrstöckige Gourmettempel ist eine rappelvolle Touristenfalle, man kann sich nur aussuchen, ob man neben der Studiosus- oder der Meiers Weltreisen-Reisegruppe sitzen möchte. Wir überzeugen Mi Mi also, das Lokal zu wechseln. Und somit gibt es heute wieder Thai-Food, ein mild gewürztes Rindfleischgericht mit Chili und Kokosnuß, Schweinefleisch mit einer sauer-scharfen grünen Chili-Sauce, Meeresfrüchte auf einer heißen Steinplatte serviert sowie ein süß-saures Rindfleisch-Gemüsegericht. Dazu gibt es ausreichende Mengen an Tiger-Beer. So klingt der Tag vernünftig aus.