Nuwara Eliya, 9.8.2014

Ich habe großes Glück, dass der Regen bis zum Morgen aufgehört hat. Zunächst ist es stark bewölkt, später kommt immer mehr die Sonne durch. Um 6:30 Uhr steht der von Nimal gecharterte Kleinbus samt Fahrer vor der Tür und bringt uns zu den schätzungsweise etwa 30 Kilometer entfernten Horton Plains. Die Fahrt über viele Serpentinen durch die Teeplantagen, Gemüsefelder und Bergwälder ist sehr schön und bietet immer wieder interessante Ausblicke, leider wieder einmal dort, wo man mit dem Auto nicht anhalten kann. Die Straße wird immer enger und steiler. Umso bewundernswerter ist die britische Ingenieurskunst vergangener Tage, denn wir überqueren einige Male eine Eisenbahnlinie, die nach wie vor in Betrieb ist.

In der Nähe eines Bahnhofs machen wir in einer Bude Rast, trinken Tee und essen. Ich darf mich an der breakfast box aus dem Hotel gütlich tun (Fruchtsaft, eine Banane, ein Törtchen und labbrige Sandwiches mit Schinken und Ei) und mich dabei in dem winzigen Etablissement bestaunen lassen. Nimal und Raja, unser heutiger Fahrer, essen Fladenbrote, die mit einer hochgradig explosiv aussehenden Chilipaste bestrichen sind.

Nach dieser Rast nehmen wir unsere kurvenreiche Fahrt wieder auf. Wir kommen bald in unbewohntes Gebiet. Zweimal tauchen ganz nahe an der Straße Sambar-Hirsche auf, dankbare Fotomotive. Im weiteren Verlauf des Weges durchqueren wir einen Wald, in dem das sri-lankische Militär gerade ein Manöver durchführt. Schließlich erreichen wir eine grasbewachsene Hochebene, die bereits einen Ausläufer der Horton Plains bildet. Wir durchfahren bald ein Eingangstor. Kurz darauf müssen die Eintrittskarten für das Naturschutzgebiet gelöst werden. Sie werden von den 9000 Rupien bezahlt, die ich an Raja für die heutige Tour bezahlen muss. Etwas später stellen wir den Kleinbus auf einem großen Parkplatz ab.

Sambar-Hirsch In den Horton Plains In den Horton Plains
In den Horton Plains In den Horton Plains In den Horton Plains
In den Horton Plains In den Horton Plains Baker Falls

In den Horton Plains. Oben links: Sambar-Hirsch. Unten rechts: Baker Falls.

Zu der etwa neun Kilometer langen Tour werde ich alleine losgeschickt, Nimal und Raja vertreiben sich solange die Zeit im Eingangsbereich. Der Wanderweg verläuft zunächst relativ gerade auf flachem Terrain, dann erreicht man einen großen Wegweiser an einer Weggabelung. Man kann sich nicht verlaufen, sondern sich lediglich aussuchen, ob man den Rundweg im oder gegen den Uhrzeigersinn entlanggehen will. Ich wähle die zweite Option.

Das nächste Stück des Weges führt weiterhin durch die grasbewachsene Ebene, an Bergbächen und kleinen Seen entlang. Dann erreiche ich einen Nebelwald. Hier gibt es viele Farne und Epiphyten, Lorbeer- und Myrtengewächse, eine sehr dichte, außerordentlich faszinierende Flora. Einige der Pflanzen blühen in leuchtenden Farben, wie gelb, rot oder violett. Wie man der Lektüre der ab und zu vorhandenen Informationstafeln entnehmen kann, gibt es viele der Pflanzenarten ausschließlich hier, darunter einige Orchideen. Die Fauna soll ebenfalls sehr interessant sein, bei dem schönen Wetter, das inzwischen herrscht, sind aber ziemlich viele Leute unterwegs, sodass sich die Vögel rarmachen.

Der Weg fällt nun relativ steil ab und ich muss gelegentlich über Wurzeln und Steine balancieren. Ein immer lauteres Rauschen ist zu hören. Bald schon wird die Ursache klar: Ich befinde mich ganz nahe an einem Wasserfall, den Baker Falls. Über einen Seitenweg erreicht man eine Plattform mit freier Sicht auf die Kaskaden.

Kurz nach dem Wasserfall wird der Weg wieder einfacher und führt bald aus dem Wald hinaus ins Grasland. Nach einiger Zeit gelange ich zu einer großen Plattform. Hier befindet sich eine der touristischen Hauptattraktionen des Nationalparks: World's End. Vor mir fällt das Terrain fast senkrecht um etwa 900 Meter ab. Dies ermöglicht atemberaubende Ausblicke auf die gegenüberliegenden Berge und einen Canyon in weiterer Ferne. Nach diesem wunderschönen Aussichtspunkt geht es teilweise durch Bergwälder, teilweise durch Grasland weiter über relativ ebene, ziegelrote Wege. Etwa einen Kilometer später erreiche ich einen weiteren Aussichtspunkt: Small World's End. Hier ist die Schlucht "nur" etwa dreihundert Meter tief, die Aussicht auf die Berge, Täler und den Canyon ist aber ebenso faszinierend wie am "großen" Ende der Welt.

World's End World's End World's End
World's End In den Horton Plains In den Horton Plains
In den Horton Plains In den Horton Plains Baker Falls

In den Horton Plains. Oben, mitte links: World's End. Unten: Small World's End.

Weitere etwa zweieinhalb Kilometer sind zu bewältigen, abwechselnd durch Savannen mit urzeitlich anmutenden knorrigen Bäumen oder durch undurchdringliche Bergwälder mit vielen Schlingpflanzen. Dann erreiche ich die Weggabelung, wende mich nach rechts und gelange nach einer nicht ganz dreistündigen, absolut faszinierenden Wanderung wieder zum Eingangsbereich des Nationalparks. Dort treffe ich Nimal und Raja wieder, die allerdings erst etwa 30 bis 60 Minuten später mit mir gerechnet haben.

Nach einer kurzen Pause machen wir uns auf den Rückweg. An einer Stelle der Serpentinenstraße gelingt es tatsächlich einmal anzuhalten, sodass ich ein Foto des höchsten Berges Sri Lankas, des 2524 Meter hohen Pidurutalagala machen kann. Bald darauf gibt es einen weiteren Superlativ: Ich sehe die höchstgelegene Bahnstation Sri Lankas, Pattipola (1893 Meter über dem Meeresspiegel). Ich habe das Glück, dass kurz nach unserem Eintreffen ein Zug einfährt, ebenfalls ein schönes Fotomotiv.

Nach diesem Zwischenstopp machen wir uns auf den Rückweg nach Nuwara Eliya, durch Bergwälder, erneut am Militärmanöver vorbei, durch Teeplantagen und Gemüsefelder. Bei weiterhin schönem Wetter kommen wir schließlich an meinem Hotel an und es heißt Abschied nehmen, von Raja für immer, von Nimal bis morgen früh um 9:00 Uhr.

Der Pidurutalagala Pattipola Station Ein Zug fährt ein

Links: Der Pidurutalagala. Mitte: Pattipola Station. Rechts: Ein Zug fährt ein.

Im Hotel mache ich eine lange Pause bis zur Abendessenszeit. An der Hauptstraße von Nuwara Eliya, der New Bazaar Road, gibt es mehrere kleine Restaurants. Ich setze mich in eines davon, das Remarko, eigentlich eine Mischung aus Konditorei und Restaurant. Während ich auf eine große Auslage mit verschiedenen Torten blicke, bestelle ich ein Black Chicken Curry und eine Kanne Tee (Hopfenblütentee haben sie hier nicht). Ich bekomme ein moderat scharfes Gericht mit viel Kokosmilch und eine große Menge Reis. Dazu trinke ich meine drei Tassen Tee und sehe dabei dem lebendigen Treiben im Restaurant und an der Tortentheke zu. Das reichliche Essen schmeckt gut und kostet inklusive Trinkgeld gerade mal 550 Rupien.

Nach dem Essen gehe ich ins Hotel zurück. Es ist zwar stark bewölkt, aber trocken. Kühl ist es dennoch, es hat sich gelohnt, wie schon am Abend zuvor, den Wollpullover anzuziehen. Als ich das Zimmer betrete, merke ich, dass die Wärmflasche bereits ins Bett gelegt worden ist. Später tritt zusätzlich der Heizstrahler in Aktion.

Zum Abschluss des Tages gehe ich in die "Casual Bar", also die ohne Krawattenzwang, um zwei Lion Lager zu trinken. Ich bin der einzige Gast, irgendwie mutet die Veranstaltung so an, als sei ich der erste Kunde seit 20 Jahren. Obwohl die Einrichtung ganz gut zum Konzept des Hotels passt, habe ich bisher nie eine Bar mit derart gespenstischer und abweisender Atmosphäre erlebt. Ich habe den Eindruck, eher zu stören. Wie dem auch sei, das Lion schmeckt genauso wie anderswo und in einem Hotel muss man damit rechnen, dass das Bier, so wie heute, doppelt so viel kostet wie das Abendessen draußen. Die Bar fügt sich jedenfalls nahtlos in den schlechten Eindruck, den ich von diesem Betrieb gewonnen habe.