Nuwara Eliya, 8.8.2014

Am Morgen sind die Brände Vergangenheit und die Rauchschwaden haben sich verzogen. Die Sonne scheint über dem Ella Gap, das Meer ist allerdings erneut nicht zu sehen. Obwohl die Temperatur mit 26 °C niedriger ist als im Flachland, halte ich es im Zimmer kaum aus. Die durchgehende Fensterfront verwandelt es bei Sonnenschein in eine Sauna. Innerhalb der nächsten Tage werde ich mit Sicherheit nicht mehr solch hohe Temperaturen erleben.

Um 9:00 Uhr holt mich Nimal ab, um ins etwa 50 Kilometer entfernte Nuwara Eliya zu fahren. Die Fahrt zieht sich über Passstraßen hin, die zunächst kaum Höhe überwinden. Die Vegetation bleibt ebenfalls gleich wie auf dem letzten Stück der gestrigen Tour. Dann aber, auf den letzten 12 Kilometern, wird es gebirgig. Nun dominieren Erdbeer- und Teepflanzungen sowie terrassierte Gemüsefelder die Landschaft. Die Gegend erinnert mich ein wenig an die Cameron Highlands, die ich letztes Jahr besucht habe.

Nach etwa zweieinhalb Stunden Fahrt erreichen wir unser Ziel. Der kleine Ort, einst als Hill Station zur Erholung der Kolonialsoldaten genutzt, wirkt heute noch very british. Dies gilt auch für das Wetter: Bei unserer Ankunft "genießen" wir etwa 20 °C und Nieselregen. Nach kurzen Stopps am alten Postamt und dem Grand Hotel, der ältesten Unterkunft am Platze, bringt mich Nimal zum Hill Club, einem ehemaligen britischen Offiziersclub, der heute als Hotel genutzt wird.

Weil wir reichlich früh angekommen sind, ist mein Zimmer noch nicht bezugsfähig. Mein Gepäck wird deponiert und Nimal fährt mich das kurze Stück ins Zentrum. Dort setzt er mich zu einem Spaziergang ab. Morgen früh wird er mich um 6:30 Uhr zu einem Ausflug in die Horton Plains abholen. Dieser war nicht im Programm vorgesehen, aber ich habe mich dazu bereit erklärt, weil der Ort selbst nicht gerade viele Attraktionen bietet.

Grand Hotel Grand Hotel Postamt
Kolonialgebäude Hill Club Golfplatz

Oben links und mitte: Das Grand Hotel. Oben rechts: Das Postamt. Unten links: In diesem Kolonialgebäude ist ebenfalls ein Amt untergebracht. Unten mitte: Der Hill Club. Unten rechts: Der Golfplatz.

Ich spaziere etwa eine halbe Stunde durch Nuwara Eliya, zunächst bei Nieselregen, dann bei bewölktem, aber trockenem Wetter. Danach kehre ich in den Hill Club zurück. Das Zimmer ist inzwischen fertig. Wer auf kolonialen Charme steht, kommt voll auf seine Kosten, allerdings empfinde ich den Komfort des Zimmers als äußerst bescheiden. Dass dies anders geht, habe ich in Rajasthan erleben dürfen. In punkto Snobismus bewegt man sich jedenfalls am oberen Limit: Das Hotel hat zwei Restaurants und zwei Bars. In je einer dieser Lokalitäten herrscht Anzug- und Krawattenzwang, Frauen haben dort erst seit den siebziger Jahren Zutritt, müssen allerdings ebenfalls eine strikte Kleiderordnung einhalten.

Nach einer längeren Pause auf meinem Zimmer breche ich zu einem Spaziergang auf. Die einzige Attraktion in der Umgebung ist der Victoria Park (wenn man nicht gerade im gegenüberliegenden Golfclub sein Handicap verbessern möchte). Der Park ist, wie sollte es anders sein, von britischer Gartenbaukunst geprägt. Jedoch stammen die heutigen Besucher nicht aus Großbritannien, sondern größtenteils aus Saudi-Arabien. Schon vor dem Grand Hotel sind mir die vielen schwarzen Niqab-Trägerinnen aufgefallen.

Im Victoria Park Im Victoria Park Im Victoria Park
Im Victoria Park Im Victoria Park Im Victoria Park

Britische Gartenbaukunst im Victoria Park.

Ich habe Glück, dass es während meines Spaziergangs durch den Park nicht zu regnen beginnt. Sehr optimistisch konnte ich bei einem Blick zum Himmel eigentlich nicht sein, aber die dicken, schwarzen Wolken regnen offenbar einige Kilometer weiter ab.

Vor meinem Aufbruch hatte ich in dem Reiseführer, den ich als kleine Hilfe dabeihabe, nach Restaurants für das Abendessen gesucht. An dem Lokal, das ich am interessantesten fand, gehe ich kurz vorbei. Es ist zum Bersten gefüllt, die Leute stehen bis hinaus auf die Straße, und das um 15:00 Uhr. Ich sehe schon, ich muss später zeitig aufbrechen und dann unter Umständen dennoch warten. Ich sollte mich nach Alternativen umsehen. Nach dem Spaziergang gehe ich zurück in mein Hotel, packe den dicken Wollpullover aus, den ich in weiser Voraussicht mitgenommen habe und vertreibe mir die Zeit bis zum Abendessen mit dem Schreiben dieser Zeilen und etwas Surfen im Internet. Immerhin hat das Etablissement freies WLAN mit guter Bandbreite, letzteres ist nicht selbstverständlich.

Als ich kurz nach 18:00 Uhr zum Abendessen gehe, gießt es wie aus Eimern und es ist empfindlich kalt. Zum Glück stehe ich schon eine Viertelstunde vor der Öffnung an der Türe des Restaurants und bin deswegen ganz vorne in der Schlange. In den nächsten Minuten kommt halb Saudi-Arabien hier an. Keine zwei Minuten, nachdem die Türe aufgeschlossen wird, hängt schon wieder das Schild "Sorry, we are full" am Eingang. Ich habe einen Platz ergattert und bestelle Lamb Thali, dazu eine Flasche Carlsberg-Bier. Neben Lamm-Curry bekomme ich Joghurt, Dhal aus gelben Linsen und mehrere weitere Gemüsegerichte, Reis und Roti. Die Portionsgrößen sind reichlich, aber angemessen für eine hungrige Person. Am Ende zahle ich, wie gestern, 1600 Rupien inklusive Trinkgeld und kann meinen Tisch für zwei der vielen im Regen vor der Tür Wartenden räumen. Ich gehe durch den strömenden Regen zu meinem Hotel zurück. Im Zimmer angekommen, schalte ich den Heizstrahler an und bekomme vom Hotelpersonal freundlicherweise eine Wärmflasche ins Bett gelegt.