Kandy, 12.8.2014
Der Tag beginnt mit Sonnenschein, doch weiß ich bereits, wie unberechenbar das Wetter in dieser Gegend ist. Überhaupt toben sich im Moment auf Sri Lanka die Gegensätze aus: Gestern Abend sah ich Nachrichten eines lokalen Fernsehsenders. Auch wenn ich selbstverständlich kein Singhalesisch verstehe, sprachen die Bilder für sich: In der ersten Meldung wurden starke Regenfälle gezeigt, die Erdrutsche und Überschwemmungen verursachten, in der zweiten sah man, wie die Behörden die fast verdurstende Bevölkerung im Dürregebiet aus Tanklastern mit Wasser versorgt. Und das auf einer Insel, die nicht einmal so groß ist wie Bayern.

Um 8:00 Uhr beginnt die etwa 50 Kilometer weite Fahrt nach Pinnawela. Schon bald nachdem wir Kandy verlassen haben, fahren wir über eine lange, kurvenreiche Passstraße, zunächst deutlich bergauf, dann wieder hinab, durch Bergwälder, Gemüse- und Teepflanzungen. Auf dem Weg beginnt es zu regnen, bis wir ankommen, hört es aber zum Glück wieder auf. Nach knapp 90 Minuten erreichen wir das Ziel. In Pinnawela und Umgebung geht es nur um ein Thema: Elefanten. Schon auf der Fahrt hierher sah ich viele Lastwagen mit großen und kleinen Dickhäutern auf der Ladefläche, manchmal überholten wir Tiere, die zu Fuß die Straße entlanggeführt wurden. Es scheint so, als stammen viele der 107 Elefanten, die bei der Esala Perahera-Prozession eingesetzt wurden, aus dieser Gegend.
Touristische Hauptattraktion ist ein Elefantenwaisenhaus, ein großes Gelände, auf dem über 70 Exemplare aufgepäppelt und gehalten werden. Verwaiste Babys werden mit der Milchflasche gefüttert und Herden zugeordnet. Nachdem sie erwachsen geworden sind, bleiben sie meist im Camp, das aus Eintrittsgeldern, Souvenirverkäufen und Spenden finanziert wird. Bei unserer Ankunft findet gerade die schon erwähnte Flaschenfütterung der Babyelefanten statt. Eine halbe Stunde später werden die Herden zum nahe gelegenen Fluss getrieben, um zu baden. Manche werden von ihren Elefantenführern regelrecht abgeschrubbt. Gerade für die jüngsten Reisenden ist die Station besonders attraktiv, daher findet man unter den Besuchern sehr viele Familien mit Kindern.
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Im Elefantenwaisenhaus von Pinnawela. Oben links und mitte: Flaschenfütterung.
Die ganze Region lebt von den Tieren. Es gibt viele Angebote zum Elefantenreiten oder –waschen. Daneben gibt es weitere Verdienstmöglichkeiten: Aus dem Dung der Elefanten kann man Papier herstellen. Eine Manufaktur, die genau dies tut, ist unsere nächste Station. Bei der Verarbeitung wird die Masse vollkommen geruchlos. Das Ergebnis der Bemühungen ist ein weißgraues, grobes Papier, das mich ein wenig an Raufasertapeten erinnert. Man kann die Rohmasse mit Pflanzenfarben mischen und erhält so ein rotes, violettes oder blaues Produkt. Selbstverständlich ist an die Manufaktur direkt ein Souvenirladen angeschlossen, in dem man Wandkalender und alle Arten von Schreibwaren aus Elefantendungpapier kaufen kann.
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Im Elefantenwaisenhaus von Pinnawela. Oben: Papierherstellung aus Elefantendung. Unten: Elefantenbad im Fluss.
Unser Besuch in Pinnawela ist zu Ende. Wir fahren zurück nach Kandy. Als wir etwa an der höchsten Stelle der Passstraße angekommen sind, machen wir Rast in einer Teefabrik. Wenn ich dies nicht schon bei Nuwara Eliya erlebt hätte, ergäbe sich hier wieder die Gelegenheit für eine Führung. Stattdessen probiere ich lediglich eine Tasse Broken Orange Pekoe und kaufe anschließend 100 Gramm der "Special Quality" für 1400 Rupien.
Weiter geht die Fahrt nach Kandy. Jetzt steht der Besuch im Sri Dalada Maligawa, dem Zahnreliquientempel an. Obwohl das große Fest vorüber ist, bleiben wir in der Innenstadt lange im Stau stecken. Anschließend hat Nimal große Mühe, einen Parkplatz in der Nähe des Tempels zu finden. Erst nach etwa zehn Minuten haben wir Glück und können den Wagen abstellen. Im Tempel herrscht ein sehr starker Andrang, Nimal räumt für mich allerdings immer sehr geschickt den Weg frei, was mir fast schon ein wenig peinlich ist, denn die meisten anderen Leute sind keine Touristen, sondern Pilger.
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Im Sri Dalada Maligawa. Oben rechts: Schade, mPraying ist hier nicht gestattet. Unten mitte: Das rechte Wandgemälde wurde bei einem Terroranschlag beschädigt.
Der Tempel, dessen heutige Gebäude Ende des 17. Jahrhunderts errichtet wurden, ist nicht spektakulär, aber schön. Bis auf ein Wandgemälde ist nichts mehr beschädigt, obwohl LTTE-Terroristen vor 16 Jahren auf die Weihestätte ein Sprengstoff-Selbstmordattentat mit einem Lastwagen verübt haben. Den Tempel so kurz nach dem Esala Perahera-Fest zu besuchen hat seinen besonderen Reiz, denn man sieht nicht nur, wie sonst, viele Buddhastatuen, Jataka-Gemälde und den großen Schrein, in dem die Zahnreliquie aufbewahrt wird, sondern trifft immer wieder auf die Überreste der Prozession. Ich sehe zum Beispiel in einer Vitrine den kleinen silbernen Schrein, der auf dem Rücken des großen Elefanten die Reliquie beherbergt hat. Darüber hinaus liegen in einer Ecke des Hauptgebäudes die prachtvollen Decken, mit denen die Elefanten geschmückt waren, auf einem großen Haufen.
Nach dem Tempelbesuch stürzen wir uns wieder in den dichten Stadtverkehr. Nimal fährt mich zu einem Restaurant mit direktem Blick auf einen Fluss. Dort bestelle ich Chicken Curry und erhalte wieder eine Zusammenstellung aus diesmal sechs Gerichten und Reis. Wie jedes Mal ist das Essen schmackhaft und reichlich. Der Preis von 1500 Rupien (inklusive einer Flasche Lion-Bier) macht einen nicht gerade arm. Allerdings ist man in dem Restaurant darauf bedacht, auf Biegen und Brechen Umsatz zu machen. Dass mein Tisch bereits mit einem anderen zusammengeschoben wird, um für eine Familie aus (wie sollte es anders sein) Saudi-Arabien Platz zu schaffen, während ich noch sitze und auf mein Wechselgeld warte, finde ich schon ganz schön dreist.
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Mobiler Marktstand mit Durian.
Im Hotel mache ich eine lange Pause und gehe dann zum Abendessen. Weil das umfangreiche Mittagessen ziemlich spät stattfand, brauche ich nur etwas für den kleinen Hunger. Ich unternehme einen Spaziergang in Richtung Stadtzentrum und gehe ins Muslim Hotel, ein äußerst uriges Lokal, das ich als Laie eher in der Altstadt von Kabul vermutet hätte. Rustikale Rauschebärte wickeln hier lautstark die Bestellungen sowie das Servieren der Speisen und Getränke ab. Ab und zu setzt sich mal Laufkundschaft an meinen Tisch, um rasch einen Tee zu trinken. Ich esse Beef Biryani (ein Gericht, nicht ein ganzes Menü wie gestern) und trinke dazu einen Tee. Die Menge ist genau richtig und das Essen schmeckt gut. Als mir der Rauschebart, der mich die ganze Zeit betreut hat, die Rechnung bringt, schärft er mir ein, dass es hier keine Service Charge gebe. Ich verstehe den Wink mit dem Zaunpfahl und gebe ein reichliches Trinkgeld. Damit beläuft sich der Betrag auf 350 Rupien. Herr Rauschebart wirkt zufrieden, ich bin es ebenfalls.
Nach dem Essen folgt ein kleiner Spaziergang durch Kandy. Bei Gelegenheit hebe ich an einem Geldautomaten, der Kreditkarten akzeptiert, etwas Bargeld ab. Anschließend gehe ich zurück ins Hotel und damit sind meine Aktivitäten in Kandy beendet.