Mandalay, 15.11.2003

Was für eine kurze Nacht! Um fünf Uhr werden wir von Mi Mi und dem Fahrer abgeholt und fahren zum Flughafen von Yangon. Etwas noch chaotischeres und rückständiger organisiertes als diesen Flughafen kann man sich nur schwer vorstellen (zumindest solange man die Provinzflughäfen in Myanmar noch nicht gesehen hat). Es wimmelt hier nur so von Menschen und da auf eine hirnlose Art und Weise überbeflissene Angestellte (die es in Asien ja im Überfluß gibt) dauernd versuchen, einem das Gepäck zu entreißen und in einem Affentempo irgendwohin zu schleppen, ohne daß man jetzt weiß, ob das eine Kontrolle aller Gepäckstücke, das Aufgeben des Gepäcks für den Laderaum, das Kofferwiegen oder sonstige Machenschaften sind, ist es so gut wie unmöglich, den Überblick zu behalten. Die Handgepäckkontrolle ist auch besonders toll. Man muß die Gepäckstücke durch ein Röntgengerät fahren lassen, danach öffnen zwei Frauen jedes einzelne Gepäckstück und sehen nach, was drin ist. Selbstverständlich gibt es auch eine Personenkontrolle. Man geht durch die Schleuse, es piept, der Beamte fährt mit seinem Gerät über die Hosentasche und es piept ebenfalls. Dann fragt er, ohne nachzusehen "Key?". Ich sage "Key!" und bin dann durch. Uff! Ein Glück, daß ich meine Magnum mit an Bord nehmen kann. Ich ballere doch so gerne im Kabinengang herum!

Nun schleift uns Mi Mi im Eiltempo durch irgendwelche Gänge in einen eiskalten, unübersichtlichen Wartesaal. Lohn der Eile: Man hat jetzt 60 1/2 statt 60 Minuten Zeit zu warten. Auch hier im Wartesaal herrscht Chaos. Gepäckbänder, etc. gibt es hier nicht, stattdessen fahren dauernd irgendwelche Kulis mit Kofferwagen mitten durch die Wartenden und werfen die Koffer dann draußen auf herumstehende Handkarren. Dazwischen rennen immer wieder andere Kulis, die schweinchenrosafarbene Tabletts mit Speisen und Getränken in irgendwelche andere Warteräume tragen. Irgendwann kommt dann jemand und brüllt irgendetwas, dann beginnt das Geschiebe und Gedrängel nach draußen auf das Rollfeld. Zwar ist das nicht ganz so schlimm wie in China, weil die Einheimischen zumindest ein klein wenig entspannter sind, dafür gibt es aber genügend japanische Reisegruppen hier und die trampeln auch alles nieder, was bei "Drei" nicht auf den Bäumen ist. Die "Final Calls" werden über Männer mit Plastikschildern, auf denen die Flugnummer steht, abgewickelt.

Irgendwann sind auch wir dran und wir lassen uns hinaus zu einem alten, klapprigen Bus schieben. Nach einer kurzen Fahrt geht das Geschiebe erneut los. Insbesondere einige ältere Japanerinnen versuchen noch Plätze für die Startposition im "Großen Preis von Yangon" gutzumachen. Aber klobige, plötzlich leider querstehende Reisetaschen und andere Tricks, die man sich im Laufe der Jahre auf Asienreisen so aneignet, helfen da sehr.

Nach einiger Zeit sitzen dann endlich alle in der französischen ATR-72 der Air Mandalay. Bald schon werden die Propeller angelassen und wir starten. Bei fast wolkenlosem Himmel schweben wir 1 Stunde 20 Minuten lang über Myanmar, über Stauseen, Sümpfe, Felder und Wälder, bis wir am Mandalay International Airport ankommen. Dieser ist ganz neu, groß und sehr modern, bisher starten und landen aber meines Wissens keine ausländischen Gesellschaften hier. Angeblich könnten hier, im Gegensatz zu Yangon, sogar Jumbo Jets starten und landen, was endlich einmal Direktflüge aus Europa und USA nach Myanmar möglich machen würde. Im Moment ist der Flughafen aber nur dahingehend "International", daß man nach einem Inlandsflug zum Immigration Counter gehen und seinen Paß vorzeigen muß.

Am Gepäckband stellen sich Klaus und ich an den Anfang, während Adelheid ein Stück weiter hinten "absichert". Hierzulande wird ja gern von überbeflissenen Scheindienstleistern alles vom Band gezogen, was nicht niet- und nagelfest ist, irgendwohin geschleppt, vielleicht in ein Hotel gefahren und dann freut sich ein Gast womöglich über die T-Shirts, die ihm zu klein sind und die er weiterverschenken kann. Diesmal bekommen wir allerdings alle Gepäckstücke und wir können uns schon bald auf den Weg zum Auto machen, nachdem Mi Mi den Fahrer ausgemacht hat, der auf uns wartet.

Die Fahrt vom Flughafen zum Sedona Hotel dauert etwa eine Stunde, zuerst übers flache Land, dann durch die quirlige Innenstadt von Mandalay. Auf dem Weg zum Hotel tauschen wir mit Mi Mis Hilfe noch einmal Geld. Der Kurs ist hier schlechter (1$ entspricht 800 Kyats), dafür ist hier fast alles erfahrungsgemäß etwas billiger als in der Hauptstadt. Im Sedona Hotel, einem Fünf-Sterne-Haus mit schönem großem Swimming Pool, verabschieden wir uns nach dem Check In erst einmal von Mi Mi, da sie ein billigeres Hotel hat. Wir wollen uns um 13.00 Uhr wieder treffen, um zum Mittagessen zu fahren.

Mandalay Hill

Mandalay Hill.

Wir erkunden nach einer sehr kurzen Pause in den Zimmern erst einmal die Umgebung. Das Sedona Hotel liegt genau gegenüber des Geländes, auf dem sich der Königspalast befand. Wir entschließen uns also zu einem Besuch. Wir gehen etwa eine Viertelstunde zum Osteingang (im Süden, in dem unser Hotel liegt, finden wir keinen Eingang) und müssen uns dort von Militärs, die dort warten, registrieren lassen. Da Mi Mi, um die Weiterreise zu arrangieren, noch unsere Reisepässe hat, versuchen wir dies mit unseren Personalausweisen, was allerdings keinerlei Probleme hervorruft. Als wir das Tor passiert haben, wird auch klar, warum das Militär hier kontrolliert. Der gesamte äußere Bereich des Palastgeländes ist Kaserne plus Wohngebiet von Armeeangehörigen und deren Familien. Als wir das Militärgelände durchquert haben, gelangen wir zum Eingang des inneren Palastes. Dort verkauft man aber nur Eintrittskarten, die auch für alle Königsstädte der Umgebung Mandalays gelten, also für Mingun, Sagaing, Inwa und Amarapura. So gesehen ist der Preis von 10 US$ völlig OK, nur nicht für uns, denn wir haben für das alles ja schon bezahlt, und 10 $ pro Person alleine für den lieblos wiederaufgebauten Palast ist viel zu viel. Wir gehen stattdessen weiter und wenden uns in Richtung auf das Südtor, um eventuell doch noch eine Abkürzung zum Hotel zu finden. Auf dem Weg dorthin werden wir jedoch von einem freundlichen Militärpolizisten aufgehalten, der uns mitteilt, daß dieser Bereich nicht öffentlich zugänglich ist. Auf dem Rückweg werden wir noch von einem besoffenen (oder anderweitig berauschten) Soldaten angequatscht, der sich entweder einen Spaß erlauben, oder sich ein Bestechungsgeld verdienen will, indem er uns eventuell weismacht, wir hätten etwas verbotenes getan. Dazu reichen aber seine drei Wörter Englisch nicht aus. Aus dem Hintergrund spricht ihn ein Kamerad oder ein Vorgesetzter an (das ist für uns nicht auszumachen), dann verabschiedet er sich übertrieben (wie es bei Betrunkenen ja öfter vorkommt) von uns. Wir können zurück zum Osttor und von dort aus zurück zum Hotel gehen. Wir trinken an der Bar neben dem Pool noch eine Cola, dann kommt auch schon Mi Mi. Sie hat ein "Taxi" für uns organisiert, einen winzigen Mazda-Pickup (schätzungsweise von Anfang der 60er Jahre), wie man sie hier sehr häufig sieht. Wir setzen uns auf die Bänke, die links und rechts auf der Ladefläche montiert sind, und tuckern los. Bald schon erreichen wir ein traditionelles Myanmar-Restaurant. Unsere Currygerichte enthalten zweimal Fisch und einmal Garnelen. Dazu gibt es noch kroß gebratene Fleischbällchen aus Hammelfleisch und rohes Gemüse mit Fischsauce. Mit etwas Myanmar-Bier wird das ganze abgerundet.

Mit solch einem Taxi tuckern wir durch die Stadt
Stadtverkehr in Mandalay Als Mönch kann man sich nur Stehplatz leisten

Oben: Mit solch einem Taxi tuckern wir durch die Stadt. Unten: Stadtverkehr in Mandalay. Bild rechts: Als Mönch kann man sich nur Stehplatz leisten.

Nach dem Mittagessen fahren wir in die Innenstadt zu einem "Markt". Das ist wieder so eine Art Basar in einem Steinbau mit Wellblechdach, in dem es wirklich alles gibt. Dieses Mal ist der Bau richtig ausladend. Er erstreckt sich über vier Stockwerke und es gibt sogar Rolltreppen. Mit anderen Worten, ein richtiges Kaufhaus. Kleider gibt es hier, alle Arten von Gewürzen, Autobatterien, Kosmetik, Radios, Chemikalien (kaustisches Soda in Säcken!) und vieles mehr. Adelheid kauft bei einer Händlerin einen dunkelblau-goldenen Stoff und will sich daraus ein Kleid schneidern lassen. Bei einer Schneiderin im dritten Stock (der Stoffkauf fand im Erdgeschoß statt) wird genau vermessen und es wird genau festgelegt, wie am Ende alles aussehen soll: Langer, enganliegender Rock, ebenfalls enganliegende Bluse. In drei Tagen soll alles fertig sein. Wir sind sehr gespannt. Nachdem wir lange durch das Basar-Kaufhaus gegangen sind und uns die interessanten Waren angesehen haben, setzen wir uns wieder ins Taxi und tuckern durch die wilde Innenstadt zu einem Teehaus. Außer Mi Mi wollen wir alle etwas kaltes, Coca Cola zum Beispiel. Die gibt es aber nicht überall und so trinken wir "Star Cola", ein einheimisches Erzeugnis, das weniger sauer (da wohl die Phosphorsäure ganz oder teilweise fehlt), dafür noch süßer ist als das Original. Na ja, was soll's. Nach dem Aufenthalt im Teehaus tuckern wir zurück zum Hotel. Wir verabschieden uns von Mi Mi, die wir um 19 Uhr wieder treffen wollen, um zu Abend zu essen.

Strahlenkränze Marktszenerie

Auf dem Markt. Bild links: Auch für den Heim-Buddhaschrein braucht man einen LED-Strahlenkranz.

Wieder steht eine lustige Fahrt in einem dieser drolligen Taxis an, als wir uns treffen. Wir fahren in ein thailändisches Restaurant und essen dort eine scharfe Fischsuppe mit Pilzen und Gemüse, Hühnerfleisch mit einer speziellen, roten Hühnersauce, Schweinefleisch mit einer sauer-salzigen, leicht scharfen grünen Chili-Sauce und gemischtes Gemüse. Später ordern wir noch Hühnerfleisch in Chili-Kokosmilchsauce nach. Dazu gibt es Myanmar-Bier. Nach einer abermaligen lustigen Taxi-Fahrt ist der Abend zuende. Die Weckzeit morgen: 3.15 Uhr!