Bagan, 19.11.2003

Schon wieder so früh aufstehen! Unbarmherzig klingelt der Wecker um 4.00 Uhr, denn um 4.45 Uhr werden wir abgeholt. Die Fahrt zum Hafen dauert nur etwa 20 Minuten. Wir besteigen ein zweistöckiges, ziemlich großes Boot, dessen unteres Deck komplett und dessen oberes zur Hälfte mit Einheimischen belegt ist. Oben vorne ist der Bereich für Touristen. Im hinteren Bereich geht es deutlich enger zu, die Leute schlafen ausgestreckt auf dem Boden und es stehen viele Säcke mit Waren herum. Sie sollen teilweise auch auf der Fahrt verkauft werden, hauptsächlich natürlich Fressalien. Denn welcher Asiate hält es schon länger als zwei Stunden am Stück ohne etwas zu essen aus? Auch ein lebendes Huhn reist mit. Es überlebt die Reise sogar, war also nicht als Bordverpflegung gedacht. Kurz vor sechs Uhr, als es gerade hell zu werden beginnt, legen wir unter mehrmaligem lauten Tuten ab. Kurz darauf sehen wir den rasend schnellen tropischen Sonnenaufgang. Über dem Ayeyarwaddy ist das ein atemberaubender Anblick, denn die Wellen sehen aus, als hätte man flüssiges Kupfer darauf gegossen. Als es schon ordentlich hell ist, fahren wir am Hügel von Sagaing vorbei, der mit seinen unzähligen Klöstern und Tempeln von unten genauso eindrucksvoll aussieht wie von oben.

Ayeyarwaddy-Impressionen Ayeyarwaddy-Impressionen Ayeyarwaddy-Impressionen
Ayeyarwaddy-Impressionen Ayeyarwaddy-Impressionen Ayeyarwaddy-Impressionen

Ayeyarwaddy-Impressionen.

In gemächlichem Tempo tuckern wir den Ayeyarwaddy, der Lebensader des Landes, flußabwärts. Ich stehe an der Reling und schaue lange auf das Wasser. Es ist eine interessante Sache, einen Fluß zu beobachten, mit seinem stetigen, kontinuierlichen Strom, mit dem sanften Wellengekräusel auf der Oberfläche. Man kann bei der Beobachtung solch eines Flusses einiges über das Leben lernen. Der Ayeyarwaddy ist, aus der räumlichen oder geistigen Distanz betrachtet, ein sehr schöner, breiter, malerischer Strom. Verringert man (buchstäblich oder metaphorisch) den Abstand, fällt einem auch ins Auge, daß er in gewisser Hinsicht auch die Toilettenspülung von Myanmar ist. Im Wasser schwimmt einiges, was die Wasserqualität schon erheblich beeinträchtigt. In den Dörfern am Rand des Flusses geht man damit, sei es aus Unwissenheit, sei es, weil man keine andere Wahl hat, ziemlich arglos um. Man wäscht im Fluß, man badet darin, wer weiß, ob man nicht auch das Trinkwasser daraus holt.

Hier gibt es so viel zu sehen, man kommt aus dem Staunen gar nicht mehr heraus

Hier gibt es so viel zu sehen, man kommt aus dem Staunen gar nicht mehr heraus!

Im Laufe des Tages legen wir an mehreren Stationen an. Jedesmal sehen wir dabei ein ähnliches Bild. Nicht nur, daß zahlreiche Menschen ein- und aussteigen, huschen auch noch sehr viele Händler, Frauen und Kinder meistens, teilweise große Körbe mit Waren auf dem Kopf balancierend, auf das Schiff. Es ist unmöglich, ihnen zu entgehen. Jeder bekommt ziemlich penetrant die Waren angeboten. Wenn das Boot wieder ablegen will, muß es schnell gehen. Der Handel wird natürlich so lange wie nur irgend möglich ausgedehnt. Manchmal kommt es zu hochdramatischen Last-Second-Käufen, bei denen eine Marktfrau nur durch einen kühnen Sprung aufs Land noch das Boot verlassen kann. Oder Waren und Geld müssen in letzter Sekunde noch geworfen werden. All dieser Handel geht mit der typischen "asiatischen Gelassenheit" vonstatten: Laut, schnell, hektisch und hysterisch. Somit sind diese Anlegemanöver immer eine willkommene Abwechslung.

Mobiler Marktstand

Mobiler Marktstand.

Unsere Fahrt auf dem Fluß dauert etwa 12 1/2 Stunden. Es ist bereits wieder dunkel, als wir in Bagan ankommen. Nachdem wir unseren Fahrer gefunden haben, fahren wir zwischendurch erst einmal in ein Restaurant, in dem man schön außen sitzen kann, und essen Ente süß-sauer, scharf-saures Schweinefleisch, Huhn in Limonensauce, Kailan-Blätter (ein in Myanmar typisches Gemüse) mit Knoblauch und eine Thai-Suppe. Das alles ist durchaus schmackhaft. Nach dem Essen checken wir dann im Thiripyitsaya Sakura Hotel ein, einem sehr schönen Hotel mit Bungalow-Zimmern. Auf dem Weg zu den Bungalows zirpen die Grillen und Zikaden, über die Wege hüpfen kleine Frösche. So klingt der heutige Reisetag aus und wir freuen uns auf die Besichtigung von Bagan.