In den Backwaters von Kerala, 18.11.2010
Der Himmel über Kochi ist heute Morgen fast wolkenlos. Um 10:00 Uhr werde ich abgeholt und etwa 50 Kilometer über den National Highway No. 47 nach Alappuzha gefahren. Der Verkehr ist ziemlich dicht. Obwohl ein Teil der Strecke sogar vierspurig ausgebaut ist, brauchen wir etwa zwei Stunden, bis wir ankommen. Am Fährhafen nehme ich Abschied von dem Fahrer, der seit meiner Ankunft am Flughafen Kochi für mich zuständig war, und werde von der Besatzung eines Hausbootes mit einheimischem Führer übernommen. Besagtes Hausboot wird für zwei Tage mein Domizil sein. Es besitzt zwei Kabinen und hat einen seltenen Luxus: Man kann auf einem Oberdeck sitzen. Von dort aus ist nicht nur die Sicht besser, sondern man bekommt auch eine frischere Brise ab als unten, was bei über dreißig Grad und hoher Luftfeuchtigkeit ein großer Vorteil ist.
Wir verlassen den Hafen und fahren erst einmal ein kurzes Stück in die Backwaters hinein, ankern bald darauf wieder und machen eine Mittagspause. Ich bekomme ein Gericht aus fein geschnittenem Kohl, der mit Kokosmilch, Curcuma und anderen Gewürzen zubereitet wurde, grüne Bohnen, einen knusprig gebratenen Fisch, einen Salat mit Gurken, Tomaten und Zwiebeln, ein "Sambar"-Currygericht (aus Linsen, Zwiebeln, Tomaten und vielen, verschiedenen Gewürzen), speziellen Reis aus Kerala, der größere und ein wenig rundere Körner hat als der Reis, der im Norden serviert wird, scharf eingelegte Rote Bete und einen kleinen Parota-Teigfladen. Alles wird auf einem kurz vor dem Essen frisch gepflückten Bananenblatt angerichtet und schmeckt lecker.

Nach dem Essen starten wir unsere Tour durch die Backwaters, hauptsächlich durch breite Kanäle. An beiden Seiten des Wassers liegen Dörfer und man kann einigen Bewohnern, falls sie nicht gerade wie wir auf dem Wasser unterwegs sind, bei ihren täglichen Verrichtungen zusehen, zum Beispiel beim Wäsche waschen, Geschirr spülen oder rasieren. Wenn keine Dörfer direkt an den Wasserwegen liegen, reichen die Reisfelder fast an sie heran. Man sieht in ihnen jedoch niemanden arbeiten, es ist gerade Pause zwischen zwei Anbauperioden. Die einzigen Lebewesen, welche dieses Areal im Moment bevölkern, sind Myriaden von Mücken und anderen Insekten.
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Fahrt durch die Backwaters bei Alappuzha.
Abgesehen von den Motorengeräuschen der Boote ist es sehr ruhig und friedvoll. Man hört öfter die Rufe mir unbekannter Vogelarten. Wir unterbrechen die entspannende Fahrt nur zweimal. Beim ersten Landgang besichtigen wir eine alte Kirche mit Ölgemälden und Deckenmalereien, schlendern durch eine schmale Dorfstraße mit vielen Geschäften (in einem davon soll ich Holzschnitzereien kaufen, was ich aber nicht tue) und ich nutze die Gelegenheit, eine große Garnele für mein Abendessen zu kaufen (400 Rupien). Ich habe auf dem Hausboot zwar Verpflegung inklusive, aber Sonderwünsche kosten extra und müssen eingekauft werden. Wenn ich Bier trinken wollte, müsste es ebenso unterwegs beschafft werden.
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Weitere Backwaters-Impressionen.
Beim zweiten Landgang wird ein langes Boot, in das über 100 Ruderer passen, besichtigt. In den Backwaters finden öfters Rennen mit solchen Booten statt und das hier ausgestellte war bereits häufig siegreich. Ich darf mir zusätzlich einen kurzen Film über einen der Wettbewerbe ansehen und dafür gezwungenermaßen freiwillig eine kleine Spende in der Donation Box hinterlassen.
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Links und mitte: Die alte Kirche, die wir besichtigen. Rechts: Das berühmte Rennboot.
Nach der zweiten Besichtigung dämmert es schon fast. Nachdem es den ganzen Tag über schön war, ist es nun bewölkt und kurz nach Sonnenuntergang beginnt es leicht zu regnen. Mich muss das nicht weiter stören. Wir erreichen unseren Ankerplatz für die Nacht und das Abendessen wird zubereitet. Es gibt die von mir gekaufte, inzwischen in einem Mantel aus Fish Masala gebratene Garnele. Sie hat ihren Garpunkt ein klein wenig überschritten, die Gewürze entschädigen dafür wieder etwas. Weiterhin gibt es ein Kartoffelcurrygericht, Okraschoten mit Zwiebeln, Dhal, Reis und Chapati. Zu Trinken gibt es, neben Mineralwasser, Tee mit einer ordentlichen Dosis Kardamom, so wie ich es mag. Da nach Sonnenuntergang der Unterhaltungswert der Backwaters begrenzt ist, und ich Führer und Besatzung ihren Feierabend gönne, ziehe ich mich nach dem reichhaltigen Mahl in meine Kabine zurück und bin gespannt auf den morgigen Tag, an dem die vielen Wasserwege zwischen Alappuzha und Kochi genauer erkundet werden sollen.