Khajuraho, 13.11.2010
Heute ist es in Khajuraho besonders dunstig. Während die Sonne gestern fast immer ein wenig zu sehen war, schafft sie es heute erst am späten Nachmittag, durchzukommen. Dies hat den Vorteil, dass meine Besichtigungstour am Vormittag nicht so schweißtreibend wird. Was ich zu sehen bekomme, gehört zu den faszinierendsten Werken der Steinmetzkunst, die man sich nur vorstellen kann. Zunächst werden mir die Tempel der Westgruppe vorgestellt, die aus dem 10. und 11. Jahrhundert stammen. Sie bestehen aus hellbraunem Sandstein und sind von oben bis unten reich verziert. Die Friese weisen einen unglaublichen Detailreichtum auf und zeigen Alltagsdarstellungen, Schlachtszenen und religiöse Motive. Die häufig vorkommenden sexuellen Szenen deuten darauf hin, dass hier offenbar hauptsächlich einer tantrischen Richtung des Hinduismus gehuldigt wurde. Die Szenen, die auf den Friesen zu sehen sind, lassen der Fantasie keinen freien Lauf, so naturalistisch ist alles dargestellt. Bedenkt man dies, ist es umso mehr ein Glück, dass die Tempel lange Zeit in Vergessenheit geraten waren, und so vom Wüten religiöser Eiferer aller Couleur verschont geblieben sind. Um diese phänomenalen Kunstwerke wäre es unendlich schade gewesen.
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Die Tempel der Westgruppe.
Nach dieser Besichtigung kommen die Tempel in der Nähe des alten Dorfes Khajuraho an die Reihe. Diese sind Jaina-Tempel, ebenfalls reich mit Friesen verziert, die ebenso kunstvoll und detailreich gestaltet sind, wie die der Westgruppe. Nach dem Ende der Tempelbesichtigung steht eine Einkaufstour an. Antiquitäten, die es nur in Khajuraho gibt, und nirgendwo sonst auf der Welt, stehen auf dem Programm, hauptsächlich Messingfiguren, die mir alle überhaupt nicht gefallen. Dem "Gebrauchtmessinghändler" ist seine Verwunderung und Enttäuschung deutlich anzumerken. Nach diesem Besuch will mich der Führer in ein Juweliergeschäft bringen, das einem Mitglied seiner Familie gehört, ich blocke das aber schon im Vorfeld ab. Kurz vor Mittag bin ich also wieder in meinem Hotel.
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Die Jaina-Tempel.
Nach so viel Kultur am Vormittag, steht der Nachmittag im Zeichen der Natur. Ich lasse mich in einem großen, offenen Geländefahrzeug in einen Wildpark etwa 25 Kilometer südöstlich von Khajuraho fahren. Oder besser durchrütteln, ein Teilstück der Straße ist erbärmlich schlecht. Am Eingang des Parks steigt ein Ranger zu, der die besten Stellen kennt, um die Tiere zu beobachten. Es soll unter anderem Tiger in dem Areal geben, die man aber nur mit viel Glück sehen kann. Ich habe dieses nicht, für Wildschweine, Sambar-Hirsche, Antilopen, einige seltene Vogelarten und Affen reicht es aber. Der Park liegt darüber hinaus in einer schönen Landschaft an einem Fluss. Kurzum, selbst ohne Sichtung der Raubkatzen lohnt sich der Ausflug.
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Im Wildpark. Oben mitte: Ein "Indian Roller". Unten mitte: Der Autor bei der Vogelbeobachtung.
Gegen 18:00 Uhr komme ich wieder im Hotel an. Kurz darauf begebe ich mich zu Fuß ins Touristendorf, esse dort in einem Dachterrassenrestaurant mit Blick auf die Tempel ein Chicken Biryani (gebratenen Reis mit Huhn) und trinke dazu eine Salted Lemon Soda, alles zusammen für 240 Rupien. Schließlich mache ich mich auf den Weg zurück ins Hotel. Morgen werde ich nach Orchha reisen.