Aurangabad, 8.11.2010
Glücklicherweise beginnt mein heutiges Programm erst um 9:00 Uhr, so dass ich mich ein wenig vom langen, anstrengenden Anreisetag erholen kann. Ich habe denselben Fahrer, aber einen anderen Führer als gestern, namens Sanjay. Wir müssen zunächst etwa 30 Kilometer fahren, um zu unserem ersten Ziel zu gelangen, den Höhlentempeln von Ellora.

Hier dehnt sich von Norden nach Süden ein etwa zwei Kilometer langer Steilhang aus, in dem die Anhänger dreier Religionen ihre Weihestätten angelegt haben. Im Süden haben Buddhisten zwischen ca. 500 und 750 unserer Zeitrechnung zwölf Höhlentempel, Klosterschulen, Wohn- und Speichergebäude in den Fels gehauen. In der Mitte befinden sich die hinduistischen Tempel, die aus 17 Höhlen bestehen, wobei der Begriff "Höhle" für den riesigen, frei stehenden Komplex des Kailash-Tempels schon gewagt erscheint. Im Norden haben die Jaina fünf Tempel in den Berg gemeißelt.
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Die Höhlentempel von Ellora
Zwar sind einige der Höhlen mit ihren Reliefs und teilweise erhaltenen Deckenmalereien sehr schön, der Kailash-Tempel überstrahlt jedoch alles. Sechs Generationen von Architekten und Handwerkern haben ihn im achten und neunten Jahrhundert dem Basaltfelsen abgerungen und dabei schätzungsweise 200000 Tonnen Stein abgetragen. Die Tempelgebäude waren ursprünglich mit weißem Putz überzogen, von dem einige wenige Reste erhalten geblieben sind. Das Zentralheiligtum, das Shikara, ist 29 Meter hoch. Besonders beeindruckend sind die vielen Steinreliefs, die Szenen aus den großen Epen Mahabharata und Ramayana sowie Kämpfe Shivas (dem der Tempel gewidmet ist) gegen Dämonen zeigen. Unter anderem sieht man, wie der im Berg Kailash eingekerkerte Ravana sich zu befreien versucht, indem er mit seinen vielen Armen den Berg, und damit die Wohnung Shivas und seiner Frau Parvati, schüttelt und Shiva durch ein kurzes Aufstampfen seines großen Zehs das Erdbeben zum Schweigen bringt.
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Der Kailash-Tempel ist besonders bemerkenswert. Unten rechts: Ravanas Befreiungsversuch.
Nach der Besichtigung dieses äußerst beeindruckenden Tempels machen wir einen Abstecher zu den Höhlentempeln der Jaina im Norden des Berghangs. Sie stammen aus dem 10. und 11. Jahrhundert. Die prächtigen, fast überladenen Steinmetzarbeiten an den Säulen und Decken kommen mir bekannt vor, schließlich habe ich vor fünf Jahren Vergleichbares in Delwara und Ranakpur gesehen, ansonsten sind die Höhlen den buddhistischen ähnlich. Mahavira, der Begründer der Religion, lebte etwa zur gleichen Zeit wie der historische Buddha und gehörte derselben Gesellschaftsschicht an, daher sehen die Statuen fast gleich aus. Allerdings sind die Jaina strenge Asketen, was sich bei einer Richtung bis hin zur Ablehnung von Kleidung ausdehnt (noch heute ziehen Digambara, "luftbekleidete" Wanderprediger durch Indien). Daher sieht man hier viele nackte Statuen, während Buddha immer einen Umhang trägt.
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Die Jaina-Tempel
Nach den Jaina-Höhlen sind wir am Ende angelangt und begeben uns wieder zum Auto, um ins knapp 20 Kilometer entfernte Daulatabad zu fahren. Die Attraktion des Ortes ist die große Festung. Beim Bau des imposanten Gebäudekomplexes hat man an alles gedacht, um Angreifer in die Irre zu führen, in Fallen zu locken und in kleine Gruppen zu zerstreuen. Nicht nur zahlreiche tote Gänge und ein stockdunkles Labyrinth, in dem man ohne Taschenlampe oder die Hilfe bereitstehender Fackelträger völlig hilflos ist, gibt es hier. Auch Falltüren, die zur Freude der früher dort auf Beute lauernden Krokodile in den Festungsgraben führen sowie Löcher, durch die Angreifer kriechen mussten und hinter denen schon Verteidiger lauerten, um ihnen die Köpfe abzuschlagen, zeugen vom Einfallsreichtum der Erbauer. Kurz und gut, vor 1000 Jahren waren "Besichtigungen" hier sicher unangenehmer als heute. Für uns Touristen stellen die größte Herausforderung die vielen Treppenstufen dar. Glücklicherweise ist die Temperatur mit etwa 23 Grad sehr angenehm. Es ist bewölkt, ab und zu kommt die Sonne durch, einmal regnet es, wenn auch nur kurz und leicht.
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Die Festung Daulatabad.
Nachdem wir den schönen Ausblick von den Festungsmauern herab genossen haben, ist die Besichtigung zu Ende und ich werde zurück in mein Hotel gefahren. Morgen um 8:30 Uhr wird man mich erneut abholen, um Ajanta zu besichtigen.
Nach einer kurzen Pause erkunde ich die Gegend in der Nähe meines Hotels, in der Hoffnung, ein Restaurant für das Abendessen zu finden. Leider habe ich im Umkreis von zwei bis drei Kilometern keinen Erfolg damit. Ich breche meine Expedition ab, als die Wolken am Himmel immer dunkler werden. Glücklicherweise komme ich vor dem bald einsetzenden Regen im Hotel an, dessen Restaurant somit wieder meine Rettung ist. Dies ist allerdings nicht so schlimm, denn wie ich seit gestern weiß, ist es zwar etwas teuer, aber gar nicht so schlecht.
Das Buffet beschert mir heute zwei vegetarische Gerichte, ein Korma (ein Gericht mit Joghurt und Nüssen in der Sauce) mit verschiedenen Gemüsesorten und Dhal (ein Hülsenfrüchtebrei, der mit Cumin, Koriandersamen, Zwiebeln, Knoblauch, Chilis, Ingwer und anderen Gewürzen kräftig aromatisiert ist). Dazu gibt es Jeera-Reis (mit Cuminsamen gewürzt), Roti und Papadams. Zwei Kingfisher-Bier runden das Gericht ab. Das Wetter bleibt weiter wechselhaft. Bei fast sternenklarem Himmel gehe ich ins Restaurant, als ich zurück zu meinem Zimmer gehe, sind ebenfalls Sterne zu sehen, man merkt aber, dass in der Zwischenzeit ein kräftiger Regenguss niedergegangen ist. Hoffentlich bleibt es morgen trocken!