Aurangabad, 7.11.2010
Schon bei meinem ersten Besuch vor fünf Jahren hat mich Indien maßlos fasziniert. Obwohl ich nur einen relativ kleinen Teil des riesigen Landes gesehen habe, hat es mich gründlich in seinen Bann gezogen, so dass die Planung einer weiteren Reise auf den Subkontinent lediglich eine Frage der Zeit war. Nun ist es also endlich wieder soweit.
Die Tour beginnt bei strömendem Regen in Köln. Der ICE nach Frankfurt hat zehn Minuten Verspätung, den Koffer werde ich dank Online-Check-in am Abend vorher schnell los, es dauert allerdings sehr lange, bis ich beim Sicherheitscheck ankomme. Obwohl ich alle Metallgegenstände vorher abgegeben habe, werde ich gründlich von Kopf bis Fuß abgescannt. Selbstverständlich bin ich der einzige Passagier im Umkreis, der so pedantisch überprüft wird. Die Tatsache, dass ich einen Fotoapparat dabei habe, ist unerhört. Ich werde nach der Kontrolle in einen separaten Raum geführt, damit das Gerät auf Sprengstoff untersucht werden kann. Zum Glück bekomme ich es danach wieder ausgehändigt. Ich überlege ernsthaft, ob ich mir vor meinem nächsten Urlaub die Haare blond färben und blaue Kontaktlinsen einsetzen soll.
Als ob nicht schon genug Zeit verschwendet worden wäre, dauert es mehr als eine halbe Stunde, bis ich die Passkontrolle hinter mir habe und somit ist das Boarding schon voll im Gange, als ich außer Atem am Flugsteig ankomme. Die Boeing 747-400 fliegt pünktlich ab und nach siebeneinhalb Stunden, um 1:30 Uhr Ortszeit, erreiche ich mein Ziel. Mumbai, 30 Grad, hohe Luftfeuchtigkeit, das Haar sitzt perfekt! Hier läuft alles problemlos, seien es die ziemlich schnell absolvierte Passkontrolle und Gepäckausgabe, der Umtausch von 300 US-Dollar in 12348 Rupien sowie das Auffinden meines Empfangskomitees.
Ich werde den kurzen Weg zu einem Hotel gefahren, um dort gerade mal zweieinhalb Stunden zu verbringen, denn um 5:00 Uhr werde ich schon wieder abgeholt. Während der Fahrt bekomme ich eine Mappe mit Tickets und Vouchers ausgehändigt. Zum Glück kontrolliere ich alles, und stelle prompt fest, dass das erste Ticket fehlt, welches ich in wenigen Stunden benötige. Mein Transferbegleiter telefoniert daraufhin einige Zeit herum, da es selbst in Mumbai morgens um 2:30 Uhr nicht so einfach ist, jemanden zu erreichen. Am Ende löst sich das Problem. Der Transferbegleiter, der mich abholen soll, so heißt es, werde das Ticket mitbringen.
Zum vereinbarten Zeitpunkt sitze ich in der Lobby des Hotels, werde zehn Minuten später tatsächlich abgeholt und erfahre, dass das Flugticket im Flughafen am Schalter hinterlegt sei. Als wir dort ankommen, ist davon zunächst nichts bekannt. Nach einigen Fragen und Diskussionen bringt mir mein Transferbegleiter eine E-Ticket-Reservierungsbestätigung. Dass diese nicht gleich problemlos gefunden wurde, lag vermutlich am "ö", bzw. "oe" im Nachnamen. Ich reihe mich in die lange Schlange vor den Jet Airways-Schaltern ein, muss, nachdem ich meinen Koffer abgegeben und die Bordkarte erhalten habe, ziemlich lange an der Sicherheitskontrolle anstehen, komme aber rechtzeitig zum Beginn des Boarding an. Als ich den Ausgang durchschritten habe, glaube ich eher, mich auf einem sehr chaotischen Busbahnhof zu befinden, als auf einem Flughafen. Zum Glück werden Schilder, auf denen die Zielorte stehen, vor den Bussen aufgestellt, so dass ich am Ende tatsächlich in der Boeing 737-800 nach Aurangabad sitze.

Der Flug dauert nur etwa 40 Minuten, und auf dem kleinen Provinzflughafen dauert es nicht lange, bis ich meinen Koffer zurückbekomme und meine Transferbegleitung finde. Die Fahrt bei leicht bewölktem aber trockenem Wetter dauert etwa eine halbe Stunde und ist wegen der vielen waghalsigen Fahrmanöver der Verkehrsteilnehmer durchaus abwechslungsreich. Jeder Millimeter wird genutzt. Nach der Fahrt durch schäbige Außenbezirke erreichen wir mein Hotel, "The Meadows". Es ist eine weiträumige Anlage mit vielen kleinen Bungalows, einem Swimmingpool und reichlich Bepflanzung. Leider liegt es aber weit draußen. Vor dem Eingangstor sind, soweit das Auge reicht, nur Felder, weit verstreute Häuschen und eine verkehrsreiche Landstraße zu sehen, auf der die Fahrer der buntbemalten Lastwagen fahren, als gäbe es kein Morgen. Das sind für heute ziemlich schlechte Aussichten. Ich könnte mir zwar ein Taxi rufen lassen (am besten eines dieser knatternden Dreiräder, an denen wir vorhin immer ganz haarscharf vorbeigeschrammt sind), aber dazu müsste ich erst einmal ein vernünftiges Ziel wissen, damit die Expedition nicht beim Vetter, der Juwelen und beim Onkel, der Pashmina-Schals verkauft, ein ungeplantes Ende nimmt. Im Augenblick fühle ich mich etwas zu müde für derlei Experimente. Somit muss also das Hotelrestaurant für die Versorgung herhalten. Ab 20:00 Uhr, so erfahre ich, kann man dort zu Abend essen.
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Oben: Im Resort "The Meadows". Unten: "Ländliche Idylle" vor dem Resort.
Als es dunkel wird, kann man eine ganz eigenartige Geräuschkulisse genießen. Wir haben gerade Diwali, das Lichterfest. In der Ferne vernehme ich das Knallen von Feuerwerkskörpern. Da in Aurangabad viele Muslime leben, mischt sich der Gebetsruf des Muezzin dazwischen. Im Vordergrund zirpen laut die Grillen und Zikaden.
Das Essen entschädigt für die lange Wartezeit. Zunächst bekomme ich zwei Papadam (dünne knusprige Linsenmehlfladen), dann esse ich eine grüne Erbsensuppe, Murgh Dhaniwal (ein Hühnerfleischgericht in einer grünen, pikanten Sauce), Fisch, der mit einer roten Gewürzpaste bestäubt im Tandoor gebacken wurde und Pakoras (in einer Panade aus Kichererbsenmehl frittiertes Gemüse) in einer ganz leicht säuerlichen Currysauce. Als Beilage nehme ich, neben Reis, Roti, also köstliche Brotspezialitäten. Das Essen ist gut und reichlich und kostet 500 Rupien (etwa 8 Euro). Dazu kommen 300 Rupien für zwei Kingfisher-Bier (für diese kommt, wie hierzulande üblich, eine separate Rechnung von der Bar). Mit diesem Mahl geht mein erster Tag in Indien zu Ende.