Fafa Island, 17.7.2017
Der heutige Ausflugstag beginnt mit einigen Wolken und ein wenig Sonnenschein. Um 10:00 Uhr startet die Fähre, die mich, zusammen mit acht anderen Leuten von Fafa Island zur Hauptinsel Tongatapu bringen wird. Sie hat den schönen Namen "Kurti", fährt allerdings nicht unter österreichischer Flagge. Nach nicht ganz einer Stunde erreichen wir den Faua Wharf, den Hafenabschnitt von Nuku´alofa, der für die Resortschiffe reserviert ist. Vier der acht Mitreisenden verabschieden sich hier in Richtung Flughafen, die anderen vier werde ich, ohne dies jetzt schon zu wissen, bald wiedersehen.

Von der Rezeption mit einem Stadtplan versorgt, mache ich mich auf den Weg in die Innenstadt der 24.000 Einwohner beherbergenden Weltmetropole Nuku´alofa. Nach einer Viertelstunde Fußmarsch erreiche ich einen Geldautomaten, an dem ich 100 Pa´anga abhebe. Nach weiteren 15 Minuten befinde ich mich mitten im Zentrum. Mein erstes Ziel ist der Talamahu Central Market in einer großen, luftigen Halle. Hier werden nicht nur Obst und Gemüse, sondern auch Holzschnitzereien und andere Souvenirs angeboten. Nicht weit von der Innenstadt entfernt, unweit des Meeres liegt meine nächste Station: Der Königspalast von Nuku´alofa. Bis 2010 war Tonga eine absolutistische Monarchie, inzwischen gibt es ein frei gewähltes Parlament. Bei meinem weiteren Stadtbummel erhärtet sich mein Eindruck, wer außer dem König die größte Rolle auf den Tonga–Inseln spielt: "Sisu Kalaisi" (Jesus Christ). An fast jeder Straßenecke steht eine Kirche. Jedes noch so kleine Dorf hat ebenfalls meist mehr als eine. Etwa 99% der Tonganer sind Christen, den überwiegenden Anteil stellen die Methodisten, etwa 15% sind Katholiken, weitere knapp 14% Mormonen. Von Samstag Nachmittag bis Sonntag Abend soll wegen der Vorbereitungen auf den Gottesdienst, dem Kirchgang selbst und der geistigen Nachbereitung desselben, das sonstige öffentliche Leben in Tonga fast völlig zum Stillstand kommen.
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Oben links: Eine der äußerst zahlreichen Kirchen in Tonga. Oben mitte: Die Friedhöfe sind hier bunt geschmückt. Andere Bilder: Der Talamahu–Markt.
Ich schlendere weiter durch die Stadt und begegne dabei einem Mann, der Menschen dazu bewegen möchte, eine Petition zu unterschreiben. Mit dieser soll erreicht werden, dass nicht mehr so viele Menschen auf Tonga durch Hexerei ums Leben kommen. Ein neuseeländischer Tourist unterschreibt aus Jux, während ich vorbeigehe. Um die Mittagszeit setze ich mich in das "Friends Café", dem Startpunkt der gebuchten Tour. Ich bestelle einen Espresso und bekomme den ersten Kaffee auf meiner Reise, der diese Bezeichnung verdient. Leichte Schwierigkeiten entstehen allerdings dadurch, dass ich den Preis (4,30 Pa´anga) mit einem 50er–Schein begleichen muss. Es kostet einige Anstrengungen, das Wechselgeld zu beschaffen. Nach dieser Erfrischung startet pünktlich die Besichtigung. Robert, ein großer, kräftiger Tonganer mit zum Pferdeschwanz gebundenen, langen Haaren begrüßt mich sowie die vier Mitreisenden aus Fafa, Greg aus Auckland mit Frau und zwei etwa 15–17 Jahre alten Jungen.
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Oben links: Der Königspalast in Nuku´alofa. Oben mitte und rechts: Kirchen. Unten links: Gräber der königlichen Familie. Unten mitte: Denkmal für Abel Tasman. Unten rechts: Meerblick an der Nordwestspitze der Insel.
Wir halten zunächst am mir bereits bekannten Palast und erfahren, dass der König derzeit auf einem großen Fest auf Ha´apai weilt. Die Gräber der königlichen Familie sind unsere letzte Station in der Hauptstadt. Anschließend fahren wir zur Nordwestspitze der Insel. Hier landete im Januar 1643 der niederländische Seefahrer Abel Tasman. 1993 wurde an dieser Stelle ein Denkmal errichtet, um an das historische Ereignis zu erinnern. Einige Kilometer weiter südlich erreichen wir Bäume, in denen tagsüber schlafende fliegende Füchse hängen. Weiter geht die Fahrt, bis wir einen großen Felsen erreichen, der vor etwa 1000 Jahren durch einen großen Tsunami an Land gespült worden sein soll. Neben der wissenschaftlichen Erklärung gibt es selbstverständlich eine mythische Geschichte dazu: Ein tonganischer Halbgott soll durch das morgendliche Krähen eines Hahnes, das ihn aus seinem Schlaf riss, so erzürnt worden sein, dass er versuchte, diesen mit Steinen zu erschlagen. Mit Hilfe des großen Felsens erlegte er das Tier schließlich.
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Oben links: Meerblick an der Nordwestspitze der Insel. Oben mitte: Fliegende Füchse schlafen in einem Baum hängend. Oben rechts: Der Tsunami–Felsen. Unten: Mapu ´a Vaea.
Nach einigen weiteren Kilometern entlang der Westküste erreichen wir "Mapu ´a Vaea", die "Blow Holes". Hier brandet das tosende Meer gegen Korallenfelsen, sodass die Gischt mehrere Meter hoch sprüht. Die Erosion erzeugte Kavernen im Gestein, durch die das Wasser gepresst wird. Dort schießen nach jeder großen Welle Fontänen in die Luft. Da gerade Flut herrscht, ist die Brandung besonders stark und das Naturschauspiel auf seinem Höhepunkt, ein unvergesslicher Anblick! Die neuseeländische Familie kauft an einem der zahlreichen Stände, die vor den Aussichtsterrassen aufgestellt sind, Souvenirs, Robert bekommt eine Tüte frischer Erdnüsse geschenkt, die er an uns alle verteilt.
Schließlich fahren wir weiter an der Südküste entlang. Unsere nächste Station soll eine spektakuläre natürliche Brücke aus Vulkangestein sein. Als wir sie fast erreicht haben, werden wir allerdings wegen eines Militärmanövers gestoppt. Wir dürfen aus Sicherheitsgründen nicht hierbleiben. Kurz vor 16:00 Uhr soll die Übung beendet sein. Robert entschließt sich, das Programm ein wenig umzustellen und am späten Nachmittag hierher zurückzukehren.
Bei zunehmend schlechter werdendem Wetter fahren wir nun in Richtung Ostküste. Zunächst kommen wir an einem riesigen Gelände der Mormonen vorbei, auf dem sich eine große Schule befindet. Da sich die Schüler in den letzten Jahren extrem schlecht benommen haben sollen (Kämpfe gegen andere Schulen, Steinwürfe gegen vorbeifahrende Busse, etc.), ist diese von der Schließung bedroht. Eine allerletzte Warnung sei bereits seitens der Behörden ausgesprochen worden. Im Nordosten der Insel gelangen wir zum nächsten Besichtigungspunkt: Dem Cook–Denkmal. Hier stand einst ein riesiger Banyan–Baum, unter dem der britische Seefahrer 1777 gerastet haben soll. Diesen gibt es heute nicht mehr, dafür erinnert ein Gedenkstein an die Landung des Entdeckers. Einige Meter weiter befindet sich ein Gebäude, vor dem einheimische Frauen große Tapa, filzartige Stoffe aus gestampfter Maulbeerbaumrinde, bemalen. Einige noch unbemalte Stücke liegen zum Trocknen auf dem Rasen. Unsere Fahrt führt weiter in das Örtchen Mu´a. Hier sind mehrere große Königsgräber aus dem 13. Jahrhundert zu sehen. Es handelt sich um gestufte Plattformen auf großen Korallensteinblöcken. Man kann sich kaum vorstellen, welche Mühen es gekostet haben muss, diese mit der damals zur Verfügung stehenden Technik zu bewegen.
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Oben links: Tempel der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Oben mitte: Denkmal für James Cook. Oben rechts: Mangroven. Unten links: Tapa werden bemalt. Unten mitte: Tapa werden zum Trocknen ausgelegt. Unten rechts: Königsgräber aus dem 13. Jahrhundert.
Nach einer längeren Fahrt entlang der Nordostküste erreichen wir das etwa fünf Meter hohe Ha´amanga a Maui, ein Steintor, welches vermutlich aus dem 11. Jahrhundert stammt. Unweit des Monuments wurden Schneisen in das Gelände geschlagen. Auf dem Querstein sind oben Linien eingemeißelt. Sie weisen entlang der Schneisen zur Tages– und Nachtgleiche genau in Richtung Sonnenauf– und –untergang. In der Nähe des Tores kann man außerdem den Maka Fakinanga, den steinernen Thron des Königs Tu´itatui bewundern, auf dessen Geheiß die Anlage errichtet wurde.
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Oben links: Ha´amanga a Maui. Oben mitte: Schneisen für die astronomische Peilung. Oben rechts: Maka Fakinanga. Unten: An der Steinbrücke.
In der Hoffnung, dass das Manöver bald beendet sein werde, fahren wir nun wieder zurück an die Südküste. Tatsächlich kommen uns kurz vor unserem Eintreffen an der Steinbrücke die letzten Militärfahrzeuge entgegen. Inzwischen ist es richtig kühl und stürmisch geworden. Der imposante Anblick des Naturdenkmals entschädigt jedoch für den unangenehmen Aufenthalt im Freien. Immerhin sorgt der starke Wind dafür, dass der wilde Ozean noch stärker gegen die Felsen braust als sonst.
Nach einem kurzen Spaziergang die Küste entlang besteigen wir wieder das Auto. Wir legen nur noch zwei kurze Stopps ein: In einem Supermarkt kauft die Familie Softdrinks, Chips und andere Vorräte ein. Ich warte solange im Auto. Danach halten wir an einem Liquor Shop. Greg kauft 12 x 0,33 Liter "Kingdom of Tonga"–Bier. Mir ist diese Gebindegröße etwas zu umfangreich, ich nehme dafür vier kleine "Maka" mit, die im Kühlschrank meiner Hütte ihr neues Domizil bekommen werden. Sie kosten 12,80 Pa´anga. Die Bar des Resorts würde 36,00 verlangen.
Auf dem kurzen Weg zum Faua Wharf, an dem unser Boot schon wartet, regnet es. An der Fährstation angekommen, verabschieden wir uns von Robert und bedanken uns für die interessante Tour. Auf dem Boot warten wir kurz auf einige Resortangestellte und ihre Kinder, die zum Einkaufen auf der Insel waren, bevor wir die dreiviertelstündige Fahrt nach Fafa antreten. Als wir dort ankommen, hat der Regen zwar aufgehört, es weht allerdings weiterhin ein unangenehm kühler, stürmischer Wind, sodass ich wenig später auf dem Weg zum Restaurant meine Jacke anziehe. Zu Essen nehme ich heute Tintenfischringe mit Senfsauce sowie einen halben Hummer. Letzterer erleichtert meine Reisekasse um 75 Pa´anga, aber ich konnte einfach nicht widerstehen. Zusammen mit ein paar Maka (die mitgebrachten hebe ich für morgen und übermorgen auf) ist das eine schöne Belohnung an diesem kalten Abend.