Namaqumaqua, 5.7.2017

Was für eine lange Anreise! Mein diesjähriges Abenteuer führt mich über 16.000 Kilometer von zu Hause weg. Nach der kurzen Zugfahrt von Köln zum Frankfurter Flughafen checke ich zunächst für meinen Flug nach Seoul ein. Die Boeing 747–8 der Korean Air fliegt mit nur geringer Verspätung um 20:00 Uhr ab und landet gegen 13:00 Uhr. Zwischen Deutschland und Südkorea bestehen sieben Stunden Zeitverschiebung.

Der hochmoderne Flughafen Incheon ist sehr weiträumig. Nach einem längeren Marsch durch das "Concourse Building" erreiche ich die Magnetschwebebahn, die mich ins eigentliche Passagierterminal bringt. Bevor ich das Gate erreiche, ist erneut ein langer Fußweg zu absolvieren. Ein Blick aus den Fenstern zeigt mir einen typischen ostasiatischen Sommertag: Es ist so dunstig, dass man die Sonne nur fahl scheinen sieht. Als ich mein Mobiltelefon (welches gerade in sein "Heimatland" zurückgekehrt ist) einschalte, wird mir nach kurzer Zeit klar, dass ich aus einem digitalen Entwicklungsland in die Moderne gereist bin. Neugierig, welche Möglichkeiten einer Internetverbindung vorhanden sind, gehe ich auf das WLAN–Symbol und sehe als obersten Eintrag in der Liste "AirportWiFi". Ich erwarte eine Loginmaske mit Gebührenliste, Eingabefeldern für Name, Vorname, Reisepass– und Kreditkartennummer, abmahnungs– und ladungsfähiger Anschrift sowie seitenlangen Vorschriften. Aber nichts davon: Ohne weitere Eingaben treffen zwei Sekunden später meine E–Mails und Whatsapp–Nachrichten ein. So ist das hier. Für die Benutzung der Rolltreppen käme ja auch niemand auf die Idee, Gebühren zu verlangen oder einen personalisierten Registrierungsprozess einzurichten. Man setzt den Internetanschluss (der trotz der riesigen Anzahl an Passagieren und Besuchern von exzellenter Qualität ist) ebenso selbstverständlich voraus wie das fließende Wasser auf den Toiletten, die Feuerlöscher und die Abfalleimer. Jeder Südkoreaner oder Japaner würde über diese Zeilen hier verständnislos den Kopf schütteln. Wie kann man so viele Worte über Nichtigkeiten verlieren? Die Annehmlichkeiten der Internetverbindung trösten mich über die stundenlange Wartezeit hinweg, die ich vor meinem wiederum knapp zehnstündigen Flug nach Fidschi "absitzen" muss.

Glücklicherweise hat dieser "nur" eine halbe Stunde Verspätung. Die lange Zeit im Airbus 330–200 der Korean Air stellt eine große Herausforderung für mein Durchhaltevermögen dar. Als wir um 9:00 Uhr auf dem Nadi International Airport landen, bin ich immerhin seit 32 Stunden unterwegs. An der Westküste der Hauptinsel Viti Levu erlebe ich einen heiteren bis wolkigen "Wintermorgen" bei 25 °C. An den wolkenlosen Stellen ist der Himmel blau, nicht von Dunstschleiern getrübt. Die Abfertigung der Passagiere am Einreiseschalter geht einigermaßen schnell voran. Als ich meinen Stempel bekommen habe und zur Gepäckausgabe gehe, muss ich weitere zehn Minuten warten, bevor ich mit vollständigem Gepäck unbehelligt die Zollkontrolle passieren darf. Für alle Fälle hebe ich mit meiner Kreditkarte 300 Fidschi–Dollar (ein Fidschi–Dollar entspricht etwa 0,44 Euro) ab, bevor ich am Ausgang eine Repräsentantin meiner Reiseagentur treffe. Sie händigt mir alle Voucher für meinen Aufenthalt aus und überantwortet mich dann dem Fahrer meines Resorts.

Die britische Kolonialzeit hat Spuren hinterlassen: Einerseits den Linksverkehr, andererseits demographische Gegebenheiten. Über 40 Prozent der Fidschianer sind indischer Abstammung. Eines der ersten Gebäude, das wir auf der Fahrt passieren, ist ein hinduistischer Tempel. Der erste Teil der zweieinhalbstündigen Fahrt verläuft durch eine sonnenverbrannte, eher karge Landschaft. Die Vegetation wird eindeutig durch unzählige Zuckerrohrfelder dominiert. Es ist gerade Erntezeit, daher sind viele schwer mit Halmen beladene Lastwagen unterwegs. Nach dem Tourismus ist der Handel mit dieser Pflanze und dem daraus gewonnenen "weißen Gold" die Haupteinnahmequelle der einheimischen Wirtschaft. Schon in der Kolonialzeit spielte sie eine überragende Rolle. Die benötigten Arbeiter siedelten die Briten aus Indien hier an, daraus resultiert der bereits erwähnte hohe Bevölkerungsanteil.

Etwa auf halber Strecke braucht der Fahrer eine Pause. Ich darf mir währenddessen einen Souvenirladen ansehen. Diese Vorgehensweise ist mir von meinen bisherigen Reisen sehr gut bekannt. Ich sehe allerdings, wie so oft, nichts Kaufenswertes. Im zweiten Abschnitt sieht die Landschaft so aus, wie man sie sich auf einer Südseeinsel vorstellt. Wir fahren an der palmengesäumten Meeresküste entlang, im Landesinneren sieht man mit üppigem Grün bewachsene Berge.

Ein Sommertag am Flughafen Incheon Das Crusoe´s Retreat Das Crusoe´s Retreat
Das Crusoe´s Retreat Das Crusoe´s Retreat Das Crusoe´s Retreat

Oben links: Ein Sommertag am Flughafen Incheon. Andere Bilder: Spaziergang durch das "Crusoe´s Retreat".

Das letzte kleine Teilstück meiner Anreise führt nicht mehr über die gut ausgebaute, schlaglochfreie Hauptstraße, sondern über eine Sandpiste. Die Rüttelfahrt ist schnell überstanden und ich komme endlich in meiner ersten Unterkunft "Crusoe´s Retreat" an. Nach dem Check–in kann ich ein wenig ausruhen, die Aussicht genießen und einen kurzen Strandspaziergang machen. Ich würde ebenfalls gerne versuchen, am "Tour Desk" einen Ausflug für morgen zu buchen, es ist allerdings den ganzen Nachmittag über verwaist. Die guten Zeiten am Flughafen Incheon sind Geschichte: Für das WLAN muss ich ein "Prepaid Voucher" buchen: Pro Gerät kosten 100 Minuten Zugang 10 Fidschi–Dollar.

Ich vertreibe mir die Zeit bis 19:00 Uhr, dann steht das "À la carte dinner" an: Ich nehme Frühlingsröllchen und Samosas als Vorspeise sowie den "Catch of the Day", Wahoo–Filets vom Grill in einer Honig–Zitronensauce mariniert. Zusammen mit zwei "Fiji Bitter"–Bier (je 375 ml) kostet das alles 57 Fidschi–Dollar. Abgesehen von einer vierköpfigen deutschen Familie und mir sind alle Gäste Australier und selbst die Familie scheint auf dem fünften Kontinent zu leben: Die Kinder sprechen fließend Englisch. Es gibt einen Resortangestellten, der als eine Art Chief of Entertainment fungiert und in der kleinen Band mitspielt, die beim Essen mit leiernden Südseeweisen unterhält. Das kann man schön finden, muss man aber nicht. Das Faktotum begrüßt mich vor allen Leuten namentlich (zumindest glaubt er das, in Wirklichkeit bringt er durch die merkwürdige Namensreihenfolge in meinem Pass einiges durcheinander). Da aber ebenfalls ein Paar anwesend ist, das vor genau 40 Jahren seine Flitterwochen hier verbracht hat und jetzt seinen Hochzeitstag feiert, wendet sich die Aufmerksamkeit zum Glück schnell wieder von mir ab. Über die Abendunterhaltung hinaus gibt es jeden Tag zwei oder drei kostenlose Unternehmungen. Morgen sind dies eine geführte Wanderung in die Natur am Vormittag und die Vorbereitung eines traditionellen Erdofen–Essens am Nachmittag. Ich kann also diese Aktivitäten zur Unterhaltung nutzen, da das "Tour Desk" weiterhin unbesetzt ist. Auf die Überraschungsveranstaltung morgen Abend werde ich genauso zu verzichten versuchen, wie ich mich heute vor dem "internationalen Kabarett" drücke. Ich bin, von ein paar Sekundenschlaf–Anfällen abgesehen, jetzt seit 50 Stunden wach.