Tissamaharama, 5.8.2014
Als ich im Bett liege, fällt mir auf, wie laut das Rauschen der Brandung ist. Bevor ich einschlafe, wird das Rauschen erheblich lauter: Ein starkes Gewitter mit wolkenbruchartigem Regen zieht auf. Als ich wieder aufwache, regnet es nach wie vor.

Da mein Hotel nur ganz wenige Zimmer hat, fiele es extrem auf, wenn ich nicht zum Frühstück erschiene und es herrschte große Aufregung. Deshalb raffe ich mich heute Morgen erneut auf. Der schon etwas ältere Besitzer begrüßt mich und fragt, wie ich mein Ei haben möchte. Ich kann ihn davon überzeugen, dass ich lieber ein sri-lankisches Frühstück haben möchte. Man war darauf zwar nicht vorbereitet, ist aber gerne bereit, zu improvisieren. Neben dem frisch aufgebrühten Kaffee erhalte ich Fladenbrot, ähnlich dem Roti, das ich aus Indien kenne, eine Linsensuppe, dieselbe Art Reisquader, die ich schon gestern hatte und eine Chilipaste mit Zwiebeln zum Erzeugen der notwendigen Schärfe. Weiterhin gibt es zwei Reismehlplätzchen, frische Früchte und ein Apfel-Smoothie.
Der Hotelbesitzer freut sich, seine spärlichen Deutschkenntnisse an den Mann bringen zu können. Er erzählt mir, dass vor dem Krieg (also vor 1983) die überwiegende Mehrheit der Touristen in Sri Lanka aus Deutschland gekommen sei und deshalb manche ältere Leute, die damals im Tourismussektor tätig waren, Deutsch sprechen könnten. Kurz nach dem guten und reichlichen Frühstück heißt es Abschied nehmen, nicht ohne ein paar nette Worte ins Gästebuch einzutragen.
Nimal holt mich ab, wir verlassen Galle und fahren, wie schon gestern, auf der gut ausgebauten Landstraße A2. Zum Glück bessert sich das Wetter bald. Nach etwa einer halben Stunde Fahrt an der extrem aufgewühlten See entlang fällt für heute der letzte Regentropfen auf unsere Frontscheibe. Wir kommen an einem großen Fischmarkt vorbei. Es gibt wenig zu kaufen, weil wegen des Gewittersturmes nur die mutigsten Fischer unterwegs waren. Diese haben allerdings unter anderem einen stattlichen Thunfisch an Land gezogen.
Nach etwa 20 Kilometern erreichen wir Ahangama. Dort kann ich eines der bekanntesten Postkartenmotive Sri Lankas fotografieren: Die Stelzenfischer, die auf langen Pfählen im Meer balancieren. Diese schwierige Art der Fischerei wird nach wie vor praktiziert, allerdings nur noch von wenigen Fischern, die meist abends dieser Tätigkeit nachgehen. Die Leute, die man tagsüber fotografieren kann, posieren lediglich für Touristen und bilden ein Team mit den Männern am Straßenrand, die für jedes Foto ein möglichst großes Trinkgeld einfordern. Nimal schärft mir ein, dass ich maximal 100 Rupien geben soll. Das tue ich dann auch. Der für mich zuständige Trinkgeldeintreiber hat etwas zu meckern und bekommt von Nimal eine Standpauke, danach herrscht zerknirschte Ruhe.
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Oben links: Stelzenfischer. Andere Bilder: Impressionen von der Südküste. Unten rechts: Trockenfischherstellung.
Wir fahren weiter an der sehr unruhigen See entlang. In einem der Orte sehe ich ein Relikt aus Zeiten, als deutschsprachige Touristen hier dominierten: Ein Restaurant mit dem schönen Namen "Wiener Dschungel"! Auf unserem Weg durchqueren wir Weligama und den bei Rucksacktouristen besonders beliebten Ort Mirissa. Einige Zeit später erreichen wir die Stadt Matara und fahren weiter zum Badeort Tangalle. Wir haben die Klimazone gewechselt und befinden uns nun im Einzugsbereich des Nordost-Monsuns, der erst in ein bis zwei Monaten einsetzen wird. Hier ist das Meer ruhig, die Böden sind regelrecht ausgedörrt, die Vegetation ist steppenartig. Einige Kilometer weiter, bei Hambantota, verlassen wir die Küstenstraße und biegen auf einen nagelneuen Highway ein, der an einem Flughafen vorbei führt. Ich erfahre, dass der Staatspräsident aus der Gegend stammt und hier eifrig Family Business betrieben hat. Manche Dinge sind eben fast überall auf der Welt gleich.
Irgendwann wird der Highway wieder zur ganz normalen Landstraße. Wir fahren eine weitere halbe Stunde und erreichen dann unser heutiges Ziel, das Hotel Chandrika in Tissamaharama. Unweit von hier befinden sich der Pilgerort Kataragama und der Eingang zum Yala-Nationalpark. Der Pilgerort soll morgen besichtigt werden, eine Jeep-Safari in den Nationalpark ist für heute Nachmittag geplant. Zunächst aber mache ich eine längere Pause.
Um 14:30 Uhr steigen Nimal und ich in den vor dem Hotel wartenden Jeep und lassen uns zum etwa 15 Kilometer weit entfernten Eingang des Nationalparks fahren. Dort steigt ein Ranger (hier "Tracker Boy" genannt) zu, dessen 24-Stunden-Deo schon einige Stunden zu viel auf der Uhr hat. Aber vielleicht lockt das ja die Wildtiere an.
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Jeepsafari durch den Yala-Nationalpark. Oben links: "Always carry a flagon of whisky in case of snakebite and furthermore always carry a small snake." (W. C. Fields). Zweite Reihe rechts: Waran. Unten links: Eisvogel. Unten mitte: Smaragdspint (Grüner Bienenfresser). Unten rechts: Lippenbär.
Außer uns sind viele weitere Jeeps voller Touristen unterwegs, sodass es an den interessanten Stellen oft ein ziemliches Gedränge gibt. Die vielversprechendsten Orte für die Tierbeobachtung sind die austrocknenden Wasserstellen in dem zurzeit schon fast wüstenartig anmutenden Nationalpark. Hauptattraktion sollen Leoparden sein, aber bei dem Betrieb, der hier herrscht, lässt sich selbstverständlich keine der Raubkatzen blicken. Aber immerhin sehen wir zahlreiche Vögel, Wasserbüffel, Krokodile, Elefanten, Hasen, Warane, Affen, Wildschweine und sogar einen Bären. Insgesamt gesehen ist die Ausbeute der dreistündigen Rütteltour über Staubpisten also gar nicht so schlecht. Kurz vor Sonnenuntergang verabschieden wir uns vom Tracker Boy (der 300 Rupien Trinkgeld erwartet), anschließend fährt der Jeepfahrer (der 500 Rupien Trinkgeld erwartet) zum Hotel zurück und Nimal verabredet sich für morgen um 8:30 Uhr mit mir.
Angesichts der fortgeschrittenen Stunde und der Entfernung zum Ort entschließe ich mich, das Buffet-Abendessen im Hotel zu ordern. Neben internationalen Gerichten gibt es einige Töpfe mit einheimischen Speisen. Ich esse zwei Papadam, ein Seer Fish- und ein Gemüsecurry, etwas Dhal und zum Nachtisch Ananas-, Melonen- und Papayastücke. Das Essen schmeckt sehr gut, zusammen mit einer Flasche Lion-Bier kommt allerdings ein stolzer Preis von 2100 Rupien zustande. Aber das ist eben der Ausgleich, den man für die Bequemlichkeit bezahlen muss.