Yangon, 9.11.2003
Es ist mal wieder Reisezeit. Nach etwa 1 1/4 Jahren Abstinenz zieht es mich wieder nach Asien. Dieses Mal ist es aber eine ganz besondere Erfahrung für mich, da ich, im Gegensatz zu meinen sonstigen Gepflogenheiten, nicht alleine reise, sondern mit zwei sehr guten Freunden von mir, Klaus und Adelheid.
Es verspricht also eine sehr spannende Reise zu werden. Erstens muß ich erst einmal sehen, wie ich mich als früherer Solist im Trio schlage, zweitens kam diese Reise auf meine Anstiftung hin zustande. Somit wäre es dreifach schön, wenn alle Gefallen an dieser Reise fänden, und dreifach schlimm, wenn sich Lustlosigkeit oder Frust breit machten.
Nach einer ca. einstündigen Fahrt mit dem ICE von Köln zum Frankfurter Flughafenfernbahnhof schleppe ich mein Gepäck in die Abflughalle, und ohne daß wir uns besonders verabredet hätten, treffe ich dort gleich auf meine Freunde. Sie stehen gerade am Schalter, als ich mich in die Warteschlange einreihe. Nach ca. 20 Minuten bin auch ich an der Reihe, danach kann es also mit vereinten Kräften losgehen.
Am frühen Nachmittag startet unsere Boeing 747 Megatop der Thai Airways, etwas mehr als 10 Stunden später landen wir in Bangkok. Dort haben wir erst einmal ca. 1 1/2 Stunden Aufenthalt, dann fliegen wir weiter nach Yangon. Dieser Flug dauert eine knappe Stunde, in der wir nicht nur unser zweites Frühstück für heute bekommen, sondern auch zusätzlich zu den zwei Anträgen mit Lichtbild, die wir sowieso dabeihaben, weitere vier Formulare (Arrival Card, Departure Card, Zollerklärung und eine Erklärung, in der man bestätigt, nicht an SARS zu leiden) ausfüllen.
Im heißen, dumpfen, stickigen Flughafen von Yangon, der das miefige Ambiente des Sozialismus der sechziger Jahre verbreitet, dauert es erst einmal seine Zeit, bis der ganze Formularkram abgegeben und das Visum abgestempelt ist, weil ja alle Insassen eines komplett gefüllten Flugzeuges gleichzeitig zur Abfertigung drängen.
Als wir uns zum Gepäckband vorgearbeitet und dort quälend lange gewartet haben, folgt eine böse Überraschung. Nur einer der drei Koffer ist angekommen. Adelheid hatte Glück, Klaus und ich hatten keines. Außer uns hat es auch noch ein paar andere Leute erwischt und keiner weiß so recht weiter. Ich mache mich auf den Weg nach draußen, um zu erkunden, ob uns jemand abholt, und finde dort tatsächlich unser "Empfangskomitee" in Gestalt einer kleinen, grazilen Burmesin namens "Mi Mi". Sie sagt mir nach einer kurzen Begrüßung und meiner Schilderung unserer Lage, wir mögen bitte den Flughafen verlassen und mit ihr in unser Hotel fahren. Sie werde sich um alles kümmern.
Bald schon fahren wir in einem kleinen Toyota-Transporter aus den 80er Jahren nach Downtown Yangon. Auf dem Weg zum Hotel halten wir zunächst an einem Büro, in dem wir erst einmal pro Nase 100 US$ in 85000 Kyats umtauschen. Danach geht es weiter durch die Innenstadt von Yangon mit ihren stark heruntergekommenen Häusern, den Kleinlastern, auf deren Ladeflächen unglaubliche Mengen von Menschen transportiert werden, zusammengepfercht wie Sardinen in der Dose (und außen hängen auch noch einige dran), den alten, meist japanischen Autos mit dem Lenkrad auf der rechten Seite, die bei dem hier herrschenden Rechtsverkehr sehr eigenartig wirken, und vielen anderen Eindrücken.
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Bild links: Mr. Woern and Party are on tour! Bild rechts: Straßenszene in Myanmar mit überfüllten Pickups.
Auf dem Weg ins Hotel versorgt uns Mi Mi mit allen möglichen Fakten. Ich versuche zu folgen (viele Sachen weiß ich auch noch von meiner letzten Myanmar-Reise her), schaffe es aber nicht vollständig, weil ich von der Koffergeschichte noch etwas angefressen bin, vielleicht angefressener als ich eigentlich sein sollte. Nach einer halben Stunde kommen wir im Kandawgyi Palace Hotel an, einer ausnehmend schönen Anlage, die um einen Ausläufer des Kandawgyi-Sees herum gebaut ist.
Während wir einen alkoholfreien Begrüßungscocktail in der Lobby trinken, checkt Mi Mi für uns ein. Danach verabreden wir uns mit ihr. Sie möchte uns um 13 Uhr zu einem guten Restaurant bringen und um 18 Uhr mit uns zum Flughafen fahren, um die Kofferproblematik doch noch zu einem guten Ende zu bringen. Zunächst aber verabschieden wir uns und gehen auf unsere schönen und geräumigen Zimmer.
Um 13 Uhr geht es in ein chinesisches Restaurant, in dem wir ein Hähnchencurry-Gericht, Lammfleisch in Chilisauce, gemischtes Gemüse, Garnelen in süß-saurer Sauce und noch ein mild gewürztes Hühnerfleischgericht mit vielen Knochen und Knorpeln (chinesisch eben) verzehren. Hinuntergespült wird das ganze mit Myanmar-Bier. Nach dem Essen werden wir wieder ins Hotel zurückgebracht und kurz danach machen wir uns nach einer kurzen Pause auf eigene Faust zu Fuß zu einem Stadtbummel nach Downtown Yangon auf. Die Straßenszenen sind selbstverständlich sehr interessant (wenn sich auch die abgasgeschwängerte Luft oft hart an der Grenze des Atembaren befindet) und auch wir werden sehr stark bestaunt, wenn auch meist dezent. Wir gehen einfach schnurgerade die Straße entlang, die von unserem Hotel zum Yangon River führt. Dort angekommen gehen wir dann auf der Parallelstraße zurück. Dabei kommen wir auch an der vergoldeten Sule-Pagode vorbei.
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In der Innenstadt gibt es einige Kolonialgebäude, die auch heute noch genutzt werden.
Nach etwa 2 1/2 Stunden kommen wir wieder in unserem Hotel an und versuchen erst einmal unsere Eindrücke am Kandawgyi-See sitzend zu verarbeiten, bevor Mi Mi uns abholt, um die Koffermission fortzusetzen. Wir fahren wieder eine halbe Stunde bis zum Flughafen. Dort warten wir erst einmal im Flughafenrestaurant bei Softdrinks, Kaffee und kleinen Snacks, bis die Koffer der Abendmaschine aus Bangkok ausgeladen werden. Mi Mi will wegen der vielen Leute, die sich am Gepäckband aufhalten, noch länger warten, wir ergreifen aber selbst die Initiative und wollen ans Band. Eine gute Entscheidung, wie sich später herausstellen wird.
Am Gepäckband gibt es wirklich ein riesiges Gedränge. Wir warten und warten und warten, bis fast niemand mehr am Band steht und wir die Hoffnung schon fast aufgegeben haben, dann kommen die beiden vermißten Koffer doch noch. Sie werden aber von Leuten, die am Eingang des Bandes stehen, weggenommen und sollen woanders hingebracht werden. Vielleicht geschieht dies nicht einmal in böser Absicht, wir schreiten allerdings energisch ein und werden so vor langen, unplanmäßigen Kleidungseinkäufen in den nächsten Tagen gerettet. Mit vervollständigtem Gepäck fahren wir zurück zum Hotel.
Dort will uns Mi Mi unbedingt im Hotelrestaurant abliefern, wir (besonders Adelheid tut sich damit sehr geschickt hervor, während Klaus und ich die Koffer auf die Zimmer bringen) machen ihr jedoch sehr eindringlich klar, daß wir gerne in ein Restaurant für Einheimische gehen wollen. Eigentlich wollten wir ja nur einen guten Tip, aber wir werden mißverstanden und so geht es samt Mi Mi und dem Fahrer einige Kilometer weit durch die Stadt, zu einem einfachen kleinen Restaurant mit kahler Ausstattung, Tischen ohne Tischdecken und mit Holzhockern. Dort ist man um 9 Uhr fast schon am Zusammenräumen, aber wir bekommen trotzdem noch pikantes Rindfleisch-, Schweinefleisch- und Hühnerfleisch-Curry, sehr kroß gebratenen Fisch, einen Salat aus Bohnen, Kohl und Okraschoten, einen Salat aus Teeblättern mit Erdnüssen und Sesam, Hühnerlebercurry und Reis. Dazu bekommt jeder eine Schale mit klarer Gemüsesuppe. Das ganze ist lecker und wir sprechen den Speisen (sowie einigen Dosen Tiger Beer) gut zu. Mi Mi fällt völlig vom Glauben ab, weil nach ihrer Aussage noch nie Touristen freiwillig in so ein Lokal gewollt haben. Schön dumm von denen, das Essen ist gut und billig hier. Alles zusammen kostet nur 8080 Kyats. Als Dank für den guten Tip laden wir die immer noch verdattert wirkende Mi Mi selbstverständlich ein.
Inzwischen herrscht lustige Stimmung in dem Lokal. Hier steht einer der wenigen Fernseher des Viertels und viele Leute kommen vorbei, um das Programm zu sehen. Nachdem wir uns gestärkt haben, zahlen wir, fahren ins Hotel zurück, verabreden uns mit Mi Mi für 8 Uhr am nächsten Morgen und lassen den Tag auf der Hotelterrasse mit etwas Tiger Beer heiter ausklingen.