Mandalay/Sagaing/Inwa/Amarapura/Mingun
Tagebuchseiten
Mandalay, 15.11.2003
Was für eine kurze Nacht! Um fünf Uhr werden wir von Mi Mi und dem Fahrer abgeholt und fahren zum Flughafen von Yangon. Etwas noch chaotischeres und rückständiger organisiertes als diesen Flughafen kann man sich nur schwer vorstellen (zumindest solange man die Provinzflughäfen in Myanmar noch nicht gesehen hat). Es wimmelt hier nur so von Menschen und da auf eine hirnlose Art und Weise überbeflissene Angestellte (die es in Asien ja im Überfluß gibt) dauernd versuchen, einem das Gepäck zu entreißen und in einem Affentempo irgendwohin zu schleppen, ohne daß man jetzt weiß, ob das eine Kontrolle aller Gepäckstücke, das Aufgeben des Gepäcks für den Laderaum, das Kofferwiegen oder sonstige Machenschaften sind, ist es so gut wie unmöglich, den Überblick zu behalten. Die Handgepäckkontrolle ist auch besonders toll. Man muß die Gepäckstücke durch ein Röntgengerät fahren lassen, danach öffnen zwei Frauen jedes einzelne Gepäckstück und sehen nach, was drin ist. Selbstverständlich gibt es auch eine Personenkontrolle. Man geht durch die Schleuse, es piept, der Beamte fährt mit seinem Gerät über die Hosentasche und es piept ebenfalls. Dann fragt er, ohne nachzusehen "Key?". Ich sage "Key!" und bin dann durch. Uff! Ein Glück, daß ich meine Magnum mit an Bord nehmen kann. Ich ballere doch so gerne im Kabinengang herum!
Nun schleift uns Mi Mi im Eiltempo durch irgendwelche Gänge in einen eiskalten, unübersichtlichen Wartesaal. Lohn der Eile: Man hat jetzt 60 1/2 statt 60 Minuten Zeit zu warten. Auch hier im Wartesaal herrscht Chaos. Gepäckbänder, etc. gibt es hier nicht, stattdessen fahren dauernd irgendwelche Kulis mit Kofferwagen mitten durch die Wartenden und werfen die Koffer dann draußen auf herumstehende Handkarren. Dazwischen rennen immer wieder andere Kulis, die schweinchenrosafarbene Tabletts mit Speisen und Getränken in irgendwelche andere Warteräume tragen. Irgendwann kommt dann jemand und brüllt irgendetwas, dann beginnt das Geschiebe und Gedrängel nach draußen auf das Rollfeld. Zwar ist das nicht ganz so schlimm wie in China, weil die Einheimischen zumindest ein klein wenig entspannter sind, dafür gibt es aber genügend japanische Reisegruppen hier und die trampeln auch alles nieder, was bei "Drei" nicht auf den Bäumen ist. Die "Final Calls" werden über Männer mit Plastikschildern, auf denen die Flugnummer steht, abgewickelt.
Irgendwann sind auch wir dran und wir lassen uns hinaus zu einem alten, klapprigen Bus schieben. Nach einer kurzen Fahrt geht das Geschiebe erneut los. Insbesondere einige ältere Japanerinnen versuchen noch Plätze für die Startposition im "Großen Preis von Yangon" gutzumachen. Aber klobige, plötzlich leider querstehende Reisetaschen und andere Tricks, die man sich im Laufe der Jahre auf Asienreisen so aneignet, helfen da sehr.
Nach einiger Zeit sitzen dann endlich alle in der französischen ATR-72 der Air Mandalay. Bald schon werden die Propeller angelassen und wir starten. Bei fast wolkenlosem Himmel schweben wir 1 Stunde 20 Minuten lang über Myanmar, über Stauseen, Sümpfe, Felder und Wälder, bis wir am Mandalay International Airport ankommen. Dieser ist ganz neu, groß und sehr modern, bisher starten und landen aber meines Wissens keine ausländischen Gesellschaften hier. Angeblich könnten hier, im Gegensatz zu Yangon, sogar Jumbo Jets starten und landen, was endlich einmal Direktflüge aus Europa und USA nach Myanmar möglich machen würde. Im Moment ist der Flughafen aber nur dahingehend "International", daß man nach einem Inlandsflug zum Immigration Counter gehen und seinen Paß vorzeigen muß.

Am Gepäckband stellen sich Klaus und ich an den Anfang, während Adelheid ein Stück weiter hinten "absichert". Hierzulande wird ja gern von überbeflissenen Scheindienstleistern alles vom Band gezogen, was nicht niet- und nagelfest ist, irgendwohin geschleppt, vielleicht in ein Hotel gefahren und dann freut sich ein Gast womöglich über die T-Shirts, die ihm zu klein sind und die er weiterverschenken kann. Diesmal bekommen wir allerdings alle Gepäckstücke und wir können uns schon bald auf den Weg zum Auto machen, nachdem Mi Mi den Fahrer ausgemacht hat, der auf uns wartet.
Die Fahrt vom Flughafen zum Sedona Hotel dauert etwa eine Stunde, zuerst übers flache Land, dann durch die quirlige Innenstadt von Mandalay. Auf dem Weg zum Hotel tauschen wir mit Mi Mis Hilfe noch einmal Geld. Der Kurs ist hier schlechter (1$ entspricht 800 Kyats), dafür ist hier fast alles erfahrungsgemäß etwas billiger als in der Hauptstadt. Im Sedona Hotel, einem Fünf-Sterne-Haus mit schönem großem Swimming Pool, verabschieden wir uns nach dem Check In erst einmal von Mi Mi, da sie ein billigeres Hotel hat. Wir wollen uns um 13.00 Uhr wieder treffen, um zum Mittagessen zu fahren.
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Mandalay Hill.
Wir erkunden nach einer sehr kurzen Pause in den Zimmern erst einmal die Umgebung. Das Sedona Hotel liegt genau gegenüber des Geländes, auf dem sich der Königspalast befand. Wir entschließen uns also zu einem Besuch. Wir gehen etwa eine Viertelstunde zum Osteingang (im Süden, in dem unser Hotel liegt, finden wir keinen Eingang) und müssen uns dort von Militärs, die dort warten, registrieren lassen. Da Mi Mi, um die Weiterreise zu arrangieren, noch unsere Reisepässe hat, versuchen wir dies mit unseren Personalausweisen, was allerdings keinerlei Probleme hervorruft. Als wir das Tor passiert haben, wird auch klar, warum das Militär hier kontrolliert. Der gesamte äußere Bereich des Palastgeländes ist Kaserne plus Wohngebiet von Armeeangehörigen und deren Familien. Als wir das Militärgelände durchquert haben, gelangen wir zum Eingang des inneren Palastes. Dort verkauft man aber nur Eintrittskarten, die auch für alle Königsstädte der Umgebung Mandalays gelten, also für Mingun, Sagaing, Inwa und Amarapura. So gesehen ist der Preis von 10 US$ völlig OK, nur nicht für uns, denn wir haben für das alles ja schon bezahlt, und 10 $ pro Person alleine für den lieblos wiederaufgebauten Palast ist viel zu viel. Wir gehen stattdessen weiter und wenden uns in Richtung auf das Südtor, um eventuell doch noch eine Abkürzung zum Hotel zu finden. Auf dem Weg dorthin werden wir jedoch von einem freundlichen Militärpolizisten aufgehalten, der uns mitteilt, daß dieser Bereich nicht öffentlich zugänglich ist. Auf dem Rückweg werden wir noch von einem besoffenen (oder anderweitig berauschten) Soldaten angequatscht, der sich entweder einen Spaß erlauben, oder sich ein Bestechungsgeld verdienen will, indem er uns eventuell weismacht, wir hätten etwas verbotenes getan. Dazu reichen aber seine drei Wörter Englisch nicht aus. Aus dem Hintergrund spricht ihn ein Kamerad oder ein Vorgesetzter an (das ist für uns nicht auszumachen), dann verabschiedet er sich übertrieben (wie es bei Betrunkenen ja öfter vorkommt) von uns. Wir können zurück zum Osttor und von dort aus zurück zum Hotel gehen. Wir trinken an der Bar neben dem Pool noch eine Cola, dann kommt auch schon Mi Mi. Sie hat ein "Taxi" für uns organisiert, einen winzigen Mazda-Pickup (schätzungsweise von Anfang der 60er Jahre), wie man sie hier sehr häufig sieht. Wir setzen uns auf die Bänke, die links und rechts auf der Ladefläche montiert sind, und tuckern los. Bald schon erreichen wir ein traditionelles Myanmar-Restaurant. Unsere Currygerichte enthalten zweimal Fisch und einmal Garnelen. Dazu gibt es noch kroß gebratene Fleischbällchen aus Hammelfleisch und rohes Gemüse mit Fischsauce. Mit etwas Myanmar-Bier wird das ganze abgerundet.
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Oben: Mit solch einem Taxi tuckern wir durch die Stadt. Unten: Stadtverkehr in Mandalay. Bild rechts: Als Mönch kann man sich nur Stehplatz leisten.
Nach dem Mittagessen fahren wir in die Innenstadt zu einem "Markt". Das ist wieder so eine Art Basar in einem Steinbau mit Wellblechdach, in dem es wirklich alles gibt. Dieses Mal ist der Bau richtig ausladend. Er erstreckt sich über vier Stockwerke und es gibt sogar Rolltreppen. Mit anderen Worten, ein richtiges Kaufhaus. Kleider gibt es hier, alle Arten von Gewürzen, Autobatterien, Kosmetik, Radios, Chemikalien (kaustisches Soda in Säcken!) und vieles mehr. Adelheid kauft bei einer Händlerin einen dunkelblau-goldenen Stoff und will sich daraus ein Kleid schneidern lassen. Bei einer Schneiderin im dritten Stock (der Stoffkauf fand im Erdgeschoß statt) wird genau vermessen und es wird genau festgelegt, wie am Ende alles aussehen soll: Langer, enganliegender Rock, ebenfalls enganliegende Bluse. In drei Tagen soll alles fertig sein. Wir sind sehr gespannt. Nachdem wir lange durch das Basar-Kaufhaus gegangen sind und uns die interessanten Waren angesehen haben, setzen wir uns wieder ins Taxi und tuckern durch die wilde Innenstadt zu einem Teehaus. Außer Mi Mi wollen wir alle etwas kaltes, Coca Cola zum Beispiel. Die gibt es aber nicht überall und so trinken wir "Star Cola", ein einheimisches Erzeugnis, das weniger sauer (da wohl die Phosphorsäure ganz oder teilweise fehlt), dafür noch süßer ist als das Original. Na ja, was soll's. Nach dem Aufenthalt im Teehaus tuckern wir zurück zum Hotel. Wir verabschieden uns von Mi Mi, die wir um 19 Uhr wieder treffen wollen, um zu Abend zu essen.
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Auf dem Markt. Bild links: Auch für den Heim-Buddhaschrein braucht man einen LED-Strahlenkranz.
Wieder steht eine lustige Fahrt in einem dieser drolligen Taxis an, als wir uns treffen. Wir fahren in ein thailändisches Restaurant und essen dort eine scharfe Fischsuppe mit Pilzen und Gemüse, Hühnerfleisch mit einer speziellen, roten Hühnersauce, Schweinefleisch mit einer sauer-salzigen, leicht scharfen grünen Chili-Sauce und gemischtes Gemüse. Später ordern wir noch Hühnerfleisch in Chili-Kokosmilchsauce nach. Dazu gibt es Myanmar-Bier. Nach einer abermaligen lustigen Taxi-Fahrt ist der Abend zuende. Die Weckzeit morgen: 3.15 Uhr!
Mandalay, 17.11.2003
Heute dürfen wir mal wieder zu einer weniger anstrengenden Zeit aufstehen. Unsere Tour beginnt um 8.00 Uhr. Zuerst fahren wir zur Mahamuni Paya, die im Jahr 1784 erbaut wurde. Der zentrale Schrein wurde 100 Jahre später durch Feuer zerstört und erst viel später wieder aufgebaut. In diesem Schrein befindet sich ein etwa 4 Meter hoher Buddha aus Bronze, dessen Gesicht jeden Morgen um 4 Uhr rituell gewaschen wird und deshalb ganz blank ist. Der übrige Körper ist dick mit Blattgold beklebt. Auch im Augenblick sind wieder viele Männer dabei, Blattgold aufzukleben (Frauen dürfen nicht in den innersten Bereich). Die Figur wurde aus dem Rakhine-Staat im Westen Burmas hierhergebracht und soll schon sehr alt sein. In einem der Tempelgebäude hängen Ölgemälde, die die Geschichte der Statue zeigen. Besonders passend ist natürlich wieder der Anfang. Buddha selbst habe das Bildnis gestiftet (wenn an dem, was im Pali-Kanon aufgezeichnet ist, auch nur irgendetwas wahres dran ist, kann man ermessen, wie widersinnig das dem tatsächlichen Buddha erschienen sein würde), sich dafür vermessen lassen und nach Fertigstellung sozusagen die Werksabnahme durchgeführt.
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Mahamuni Paya.
In einem anderen Tempelgebäude kann man mehrere Bronzefiguren besichtigen, die die Rakhine wohl in Angkor geklaut haben. Die Löwen- und die Elefantenfigur zu berühren bringt einfach Glück, die beiden menschlichen Figuren (die Shiva darstellen sollen) sind gut für die Gesundheit. Wenn einem irgendetwas weh tut, muß man einfach die entsprechende Stelle an der Figur reiben, dann wird's besser. Die meisten Leute, das sieht man den Figuren an, haben Bauchweh, Knie- oder Fußbeschwerden. Zu dumm, daß die Figuren teilweise beschädigt sind. Wer zum Beispiel Beschwerden am linken Unterarm hat, dem kann hier nicht weitergeholfen werden. Auch wenn sich einer das Geld für Viagra sparen will oder Prostatabeschwerden hat, hat er zumindest bei einer der Figuren Pech: An der entsprechenden Stelle klafft ein Loch.
An den Eingängen des Tempels befinden sich, wie üblich, Händler. Bei einem derselben sieht Klaus eine geschnitzte Buddhafigur aus Holz, die genau seinen Vorstellungen entspricht. Er schafft es, den Preis von 45 US$ auf 35 herunterzuhandeln und hat damit ein schönes Souvenir ergattert. Auch ich kaufe mir etwas. Hier werden sehr viele Bronzewaren verkauft und ich erstehe einen Bronzegong mit schönem Klang für 2000 Kyats.

Danach fahren wir nach Amarapura, das von 1783 bis 1823 Hauptstadt war und heute wie ein relativ großes, aber ursprüngliches burmesisches Dorf wirkt. Wir fahren zum Mahagandhayon-Kloster. Wir kommen "zum Glück" noch rechtzeitig am Kloster an, um die Essensausgabe an die Mönche fotografieren zu können, zu welchem Zweck man auch zum Speisesaal selbst gehen darf. Wir machen Mi Mi allerdings sehr schnell klar, daß wir es als sehr unangenehm und unpassend empfinden, uns wie die Masse der anderen Touristen als fotografierendes Spalier neben der Schlange der Mönche aufzustellen und später mit Blitzlicht Mönche bei der Nahrungsaufnahme zu fotografieren. Sehr viele europäische Touristen benehmen sich in dieser Hinsicht leider sehr schlecht, so daß diese Unsitte vermutlich weiterbestehen wird. Nichtsdestotrotz ist es beeindruckend, wieviele Mönche hier leben und studieren. In Myanmar sind sowieso überall, auch in den großen Städten, sehr viele Mönche (in rotbraunen Kutten) und Nonnen (in rosafarbenen Kutten) zu sehen, die jüngsten sind erst sechs oder sieben Jahre alt. Man sieht sie oft, einzeln oder in langen Reihen, durch die Straßen ziehen, um Nahrungsmittel oder Geld zu sammeln. Das weiträumige Kloster ist an sich sehr interessant, wäre nur nicht diese unangemessene Szenerie vor dem Speisesaal.
Nach der Klosterbesichtigung fahren wir weiter zu einer Seidenweberei. Wir können bei der Longyi-Herstellung zusehen. Einen Longyi, den langen schmalen Rock, den hier Männer und Frauen tragen, fertigzustellen, dauert einen Monat. Abgesehen davon, daß es für mehrere Leute ein Knochenjob ist, ruiniert man sich auf die Dauer damit sein Gehör, denn es herrscht ein Höllenlärm in der Halle, in der die Webstühle stehen. Wir sehen einigen Weberinnen zu (es gibt auch Weber, die die Männer-Longyis herstellen). Welche Garne sie in das Weberschiffchen einlegen müssen, können sie aus einem Ablaufplan ersehen, den sie vor ihren Augen aufgehängt haben. Als "Cursor" dient eine kleine Wäscheklammer, die jeweils Zeile für Zeile weitergeschoben wird. Jenseits der Straße gibt es ein Geschäft, in dem die Erzeugnisse an Touristen verkauft werden. Wir halten uns aber nur kurz dort auf.
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Der Pon Nya Shin Tempel. Letztes Bild: Man beachte die Uhren links und rechts des Schreines und den LED-Strahlenkranz um den Kopf des Buddhas.
Wir fahren direkt weiter nach Sagaing. Bei Sagaing gibt es einen Hügel, der über 100 Tempel und Klöster beherbergt. Rechnet man die Nachbarhügel mit hinzu, gibt es hier insgesamt etwa 700 Tempel und Klöster in vielen verschiedenen Formen und Baustilen. Vom Pon Nya Shin-Tempel auf der Hügelspitze, unserer ersten Station, hat man einen unbeschreiblichen Blick auf all diese Bauwerke und auf den Ayeyarwaddy-Fluß. Wir genießen lange diesen wunderschönen Rundblick, dann aber verlassen wir den Tempel wieder und fahren zum Essen. Es gibt scharf-sauren Tintenfisch, gekochte Garnelen mit Gemüse, ein Cashewnußgericht mit weiteren Gemüsesorten und ein Hühnerfleischgericht sowie Myanmar-Bier.
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Blick vom Pon Nya Shin-Tempel auf den Hügel von Sagaing.
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Kaunghmudaw Paya.
Nach dem Essen fahren wir zur Kaunghmudaw Paya. Diese 46 Meter hohe Stupa ist im ceylonesischen Stil erbaut. Wie man sich auch bemüht, einen passenden Vergleich zu finden, man kommt eigentlich nur auf eines: Die Pagode sieht aus wie eine Frauenbrust. Nach der Besichtigung dieses eindrucksvollen Gebäudes fahren wir nach Inwa, das von 1364 bis 1841 mit einigen Unterbrechungen Hauptstadt war. Vom Ufer des Ayeyarwaddy-Flusses aus muß man mit einem altertümlichen Fährboot übersetzen und fährt dann mit einem Pferdekarren über holprige Staubpisten. Unsere erste Station ist das Kloster Bagaya Kyaung, ein über 170 Jahre altes, düsteres, unrenoviertes Teakholzkloster mit vielen Holzschnitzereien. Gerade die schlichte Ursprünglichkeit, die diesem Kloster einen rauhen Charme verleiht, macht diesen Bau besonders interessant und attraktiv. Hier gibt es keine quietschbunten Malereien und Pastellkacheln, hier ist alles rauh und dunkelbraun, es riecht rechtschaffen und ehrlich nach altem Teakholz. Ein lohnenswerter Besuch.
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Bagaya Kyaung.
Unsere nächste Station ist der Nanmyin, ein 27 Meter hoher Turm, der als einziges Bauwerk vom alten Palast übrigblieb. Man kann ihn fast bis ganz nach oben besteigen und hat dann einen wunderschönen Rundblick. Auch der Souvenirhandel blüht hier oben, wie überall in Inwa. Die Verkäufer sind meist Kinder, die sehr penetrant sind, wenn es darum geht, Waren zu verkaufen oder unverlangte Dienstleistungen zu erbringen. Grund hierfür ist offensichtlich die Armut, die hier in der Gegend herrscht. Die nächste und letzte Station ist der Ok Kyaung-Tempel, eine Ruine aus verputzten Backsteinen mit vielen Gängen im Inneren, ein Bauwerk, das sich die Vegetation langsam wieder zurückerobert.
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Links: Blick vom Nanmyin. Mitte und Rechts: Der Ok Kyaung-Tempel.
Als wir auch diese Ruine besichtigt haben, bringt uns der Pferdewagen zurück zur Fähre. Wir setzen über und fahren dann zurück nach Amarapura, um den Sonnenuntergang an der 1,2 km langen U Bein-Teakholzbrücke zu erleben. Wir schlendern über die Brücke und sehen den Touristen- und Fischerbooten auf dem Taungtaman-See zu, während sich viele Mönche, Dorfbewohner und Essensverkäuferinnen an uns vorbeidrängen. Als wir etwa zwei Drittel der Brücke überquert haben, werden wir mit einem unwirklich faszinierenden Sonnenuntergang über dem See belohnt. Im Hintergrund steigen Dunstschwaden über dem Wasser auf, die Silhouetten großer Bäume, die im Wasser stehen und abgestorben sind, kann man sehen, kleine Fischerboote fahren bedächtig über den See, in einem Pavillon auf der Brücke nutzt ein junger Mönch die letzten Sonnenstrahlen, um in einem Buch zu lesen. Dies alles spielt sich vor einem Himmel ab, der von dunkelblau über golden in kupferfarbene und rote Töne übergeht. Ein unglaublicher Anblick. Es ist fast unmöglich, davon nicht ergriffen zu sein.
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U Bein-Brücke. Rechtes Bild: Ein junger Mönch nutzt das letzte Tageslicht, um in einem Buch zu lesen.
Dieser wunderbare Sonnenuntergang schließt unser Tagesprogramm würdig ab. Wir fahren zum Hotel zurück, machen dort eine Pause und fahren dann um 19.30 Uhr zu einem Restaurant. Der mehrstöckige Gourmettempel ist eine rappelvolle Touristenfalle, man kann sich nur aussuchen, ob man neben der Studiosus- oder der Meiers Weltreisen-Reisegruppe sitzen möchte. Wir überzeugen Mi Mi also, das Lokal zu wechseln. Und somit gibt es heute wieder Thai-Food, ein mild gewürztes Rindfleischgericht mit Chili und Kokosnuß, Schweinefleisch mit einer sauer-scharfen grünen Chili-Sauce, Meeresfrüchte auf einer heißen Steinplatte serviert sowie ein süß-saures Rindfleisch-Gemüsegericht. Dazu gibt es ausreichende Mengen an Tiger-Beer. So klingt der Tag vernünftig aus.
Mandalay, 18.11.2003
Wie während des gesamten bisherigen Urlaubs haben wir heute strahlenden Sonnenschein. Um 8.00 Uhr werden wir abgeholt und zum Hafen gefahren. Ein kleines Boot, groß genug für drei Touristen und eine Reiseleiterin (oder für 100 Burmesen), fährt uns nach Mingun. Die entspannende, ruhige Fahrt über den Ayeyarwaddy dauert etwa eine Stunde. Nachdem wir angekommen sind und uns durch die Scharen von Souvenirverkäufern durchgekämpft haben, besichtigen wir zunächst die Mingun Paya. König Bodawpaya wollte Ende des 18. Jahrhunderts hier die größte Stupa der Welt bauen. Sie sollte 150 Meter hoch werden. Als ein Drittel des gewaltigen Bauwerks fertiggestellt war, starb der König, es war kein Geld mehr da und so richtig hatte auch keiner mehr Lust, weiterzubauen. So blieb ein massiver Backsteinquader von 50 Meter Höhe als Investitionsruine stehen. 1838 gab es auch noch ein schweres Erdbeben, bei dem das Bauwerk große Risse abbekam. Es hielt allerdings stand und somit kann man es auch heute noch besichtigen. Sogar hochsteigen kann man. Dann wird man mit einem sehr schönen Rundblick auf die Landschaft belohnt.

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Die Mingun Paya. Rechtes Bild: Blick von oben.
Nach dem Besuch bei dieser gigantischen Ruine besuchen wir die Molmi Paya. Dies ist ein kleiner Tempel, der an einen im 20.Jahrhundert lebenden Mönch erinnert, der die gesamten 84000 Belehrungen Buddhas aus dem Pali-Kanon auswendig konnte und damit auch ins Guinness-Buch der Rekorde gekommen war. Eine Statue des Gedächtniskünstlers kann hier verehrt werden. Sie trägt, wie vermutlich der Mönch zu Lebzeiten, eine coole Sonnenbrille.
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Die Molmi Paya. Rechtes Bild: Mönch Bhandanta Vicitsara mit cooler Brille.
Als nächstes gehen wir zur Mingun-Glocke. Sie stammt aus dem Jahr 1808 und wiegt 55555 Viss, also 90 Tonnen. Es soll die größte, noch intakte Glocke der Welt sein. Eine noch größere in Moskau hat inzwischen einen Sprung. Nach der Glocke besichtigen wir noch die Hsinbyume Paya, die König Bagyidaw 1816 als Andenken an seine Hauptfrau bauen ließ. Sie stellt den Berg Meru dar, der von Wellen umgeben ist. Diese in sieben Terrassen angeordneten Wellen stellen sieben Gebirge rund um den Berg Meru dar. Im Inneren kann man etwas sehr seltenes besichtigen: Eine Buddhastatue, hinter der sich versteckt eine zweite Buddhastatue befindet. Die hintere Statue hat einen leicht verschmitzten Gesichtsausdruck, so als wollte sie andeuten: "Mich sieht hier ja ohnehin keiner". Nachdem wir uns auch hier eine Weile aufgehalten haben, gehen wir noch in ein Straßenrestaurant und trinken einheimische Softdrinks, dann fahren wir mit unserem Boot zurück nach Mandalay. Weil wir dieses Mal mit dem Strom fahren, brauchen wir nur 30 Minuten.
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Links: Die Mingun Glocke. Mitte: Die Hsinbyume Paya. Rechts Bild: Ein Buddha hinter einem Buddha.
Jetzt fahren wir erst einmal zum Mittagessen (Garnelen in Tomatensauce, gebratene Schweinerippchen mit Chili, Hühnchen mit Ananas, gebratene Pilze mit Blumenkohl und Maiskölbchen sowie Myanmar-Bier), danach zum Basar-Kaufhaus, in dem wir vor drei Tagen waren. Adelheids Kleid wird abgeholt. Die Schneiderinnen haben ganze Arbeit geleistet. Alles paßt perfekt und sieht zudem noch sehr elegant aus.
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Links: Palastneubau in Mandalay. Mitte und rechts: Das Shwenandaw Kyaung, ein ehemaliger Palastbau.
Jetzt steht noch eine Besichtigungstour in Mandalay an. Zuerst besuchen wir den alten Königspalast, der 1857 erbaut und 1945 völlig zerstört wurde. Die ehemaligen Gebäude aus teilweise vergoldetem Teakholz wurden inzwischen recht lieblos aus mit Goldbronze angestrichenem Beton wiederaufgebaut. Man kann sich in etwa ein Bild machen, wie es hier früher ausgesehen haben könnte, aber insgesamt ist die Anlage ziemlich enttäuschend. Am interessantesten ist noch das kleine Museum, in dem übriggebliebene Originalstücke wie Sänften, Ruder, Kleidungsstücke oder ein gläsernes Bettgestell ausgestellt werden. Viel interessanter als die Palastanlage ist das Gebäude, das wir als nächstes besichtigen, das Shwenandaw Kyaung, ein altes Kloster, das ein ehemaliges Originalgebäude des Palastes ist. Das Gebäude wurde vom vorletzten burmesischen König Mindon als Wohnraum genutzt. Als er darin gestorben war, ließ es sein Nachfolger, König Thibaw, Stück für Stück ab- und außerhalb des Palastes wieder aufbauen. Somit blieb der Bau vom Palastbrand 1945 verschont und gibt einen faszinierenden Eindruck davon, wie wohl der Originalpalast heute aussehen könnte, wäre er nicht zerstört worden. Sehr schöne alte Holzschnitzereien verzieren den erhabenen Teakholzbau. Innen sind noch die Reste der Vergoldung zu sehen. Sehr eindrucksvoll sind insbesondere die Schnitzereien im Innenraum, die Legenden von den 550 früheren Existenzen Buddhas darstellen.
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Die Kuthodaw Paya. Das größte Buch der Welt.
Nach dieser interessanten Besichtigung fahren wir zur Kuthodaw Paya, einer vergoldeten Pagode aus dem Jahr 1857. Um sie herum stehen, regelmäßig angeordnet, 729 kleine, weiße Stupas, die jeweils eine beidseitig beschriftete Steintafel enthalten. Jede Steintafel ist ein Blatt eines Buches, des Tipitaka, welches die 84000 Belehrungen Buddhas neben einigen anderen kanonischen Schriften des Theravada-Buddhismus enthält. Somit ist diese Anlage das "größte Buch der Welt". Als letzte Station für heute fahren wir auf den Mandalay Hill. Dort gibt es einen schönen Spiegelmosaiktempel, vor allem aber einen wunderbaren Rundblick über Mandalay, den Ayeyarwaddy und das umliegende Land. Mit dem Sonnenuntergang wird die Stimmung noch schöner. Viele Klöster verschwimmen vor dem kupferroten Himmel im Dunst (zu dem profanerweise hauptsächlich Abgase und Rauch beitragen) und von unten dringen leise buddhistische Sutren aus Lautsprechern zum Hügel empor. Leider ist der Hügel auch sehr stark frequentiert und demzufolge ist es sehr laut. Dennoch ist ein Sonnenuntergang am Mandalay Hill durchaus ein Erlebnis.
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Auf dem Mandalay Hill.
Wir fahren zurück zum Hotel, machen eine kurze Pause und fahren dann zum Essen. Heute essen wir in einem Straßenrestaurant, in dem es alles nur erdenkliche, zum Beispiel viele Arten Fleisch, Wurst und Gemüse, Fischbällchen, etc. auf Spießen gibt. Man füllt ein Körbchen mit allen Spießen, die man haben will und läßt sie sich grillen. Sind die Spieße fertig, werden sie an den Tisch gebracht. Wir lassen uns Rind-, Schweine- und Hühnerfleisch, verschiedene Gemüse, einen Maiskolben und eine Art Salami grillen. Das ganze wird sehr schmackhaft gewürzt und schmeckt sehr lecker. Einige Myanmar-Bier tun ein übriges dazu, daß der Tag gut ausklingt. Das ist auch gut so, denn die Nacht wird kurz. Wir müssen um 4 Uhr aufstehen.